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Konzertkritik

Fünf

Don Quichotte´s



Don Quijote und Sancho Panza. Bronzefiguren am Denkmal für Cervantes (Hintergrund) in Madrid | Bildquelle: Wikipedia

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Jetzt mal ehrlich: Wer von Ihnen - sofern Sie sich dem sog. Bildungsbürgertum oder einer anderen Spezies von Nichtanalphabeten hinzuzurechnen pflegen - hat es je geschafft, sich durch den Don Quijote-Wälzer des spanischen Nationaldichters Miguel de Cervantes Saavedra (1547-1616) zu kämpfen also ihn vom Anfang bis zum Ende durchzulesen?

Ich für meinen Teil kann das in Abrede stellen - nicht etwa, weil mich die menschlich anrührende Geschichte des irrsinnigen Ritters von der traurigen Gestalt nicht interessieren würde, nein; vielmehr lag oder liegt es (höchstwahrscheinlich) an meiner generellen Lesefaulheit, dass ich das bisher nicht schaffte. In meiner Bibliothek steht die schöne und in Leinen gebundene 1985er Ausgabe vom Verlag Neues Leben; aber die alleinige Masse ihrer insgesamt 982 Buchseiten schreckte und schreckt mich anhaltend und immer wieder ab - was sollte ich dagegen tun? ja und Sie antworteten mir: "Jetzt lies doch einfach!" Leicht gesagt.

Gottlob gibt's wenigstens - alternativ zum Original - diese zig Don Quijote-Bearbeitungen aller Art; allein im Bereich der Musik weist Wikipedia zirka 50 Werke, darunter mindestens 15 Opern, aus.

*

Chefdirigent Vladimir Jurowski und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (es feiert aktuell sein 100-jähriges Bestehen) hatten sich hinsichtlich ihres gestrigen thematischen Abends für fünf völlig unterschiedliche Don Quichotte's der Komponisten Georg Philipp Telemann, Joseph Bodin de Boismortier, Maurice Ravel, Jacques Ibert und Richard Strauss entschieden, wobei Letztgenannter der womöglich - wenigstens, was diese Fünferauswahl anbelangt - bekannteste und populärste gewesen sein dürfte: Über 40 Minuten dauern die Strauss'schen Orchestervariationen op. 35, und das Besondere und auch besonders Auffällige in dem Stück ist, dass es von zwei Soloinstrumenten, welche (nicht zu viel, v.a. aber nicht zu wenig) mitbestimmt und mitvorangetrieben wird; die Cellistin Kostanze von Gutzeit und der Bratschist Alejando Regueira Caumel leisteten Vorzügliches und wurden hiernach dementsprechend dankbar und auf das Euphorischste bejubelt.

Zu Beginn verblüffte das doch mehr oder weniger dem Romantischen und Spätromantischen verhaftete Orchester - wir erinnern uns in dem Zusammenhang sehr gern an seinen unvergesslichen WAGNER-Kraftakt in der Chefära Marek Janowskis - mit der beinahe "authentisch" anmutenden Darreichung der Telemann'schen Don Quichotte-Burleske; 15 Streicher inkl. Lautenist (Theorbe und Barockgitarre) ließen aufhorchen, mit welcher Lust & Leidenschaft sie in dem für sie ungewöhnlichen Terrain zu fischen und zu fangen in der Lage waren, à la bonne heure!

Zwischen Telemann und Strauss gab es dann noch 'ne weitere Barock-Kostprobe (Don Quichotte chez la duchesse von Boismortier) sowie zwei relativ kurze impressionistische Liederzyklen (Ravels Don Quichotte à Dulcinée und Iberts Chansons de Don Quichotte), meist viel zu laut gesungen oder fast dann schon gebellt vom Bariton Paul Gay, wobei ihm allerdings das letzte Ibert-Lied vom Tod des irrsinnigen Helden sehr, sehr anrührend geriet.

Alles in allem ein sehr stimmiger, kurzweiliger Konzertabend.

Andre Sokolowski - 13. Oktober 2023
ID 14428
RUNDFUNK-SINFONIEORCHESTER BERLIN (Konzerthaus Berlin, 12.10.2023)
Georg Philipp Telemann: Don Quichotte/i> – Burleske für Streichorchester
Joseph Bodin de Boismortier: Ouvertüre und Chaconne aus der Ballettmusik Don Quichotte chez la duchesse
Maurice Ravel: Don Quichotte à Dulcinée – Drei Lieder für Bariton und Orchester
Jacques Ibert: Chansons de Don Quichotte
Richard Strauss: i>Don Quixote
– Fantastische Variationen über ein Thema ritterlichen Charakters op. 35
Alejandro Regueira Caumel, Viola
Konstanze von Gutzeit, Violoncello
Paul Gay, Bariton
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Dirigent: Vladimir Jurowski


Weitere Infos siehe auch: https://www.rsb-online.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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