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Konzertkritik

"Keine Akkorde,

keine Melodie

und kein Zitat"

Das Harfenkonzert
von Peter Eötvös


Bewertung:    



Peter Eötvös (80) hat im Auftrag von Orchestre Philharmonique de Radio France, dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, dem Orchestre de la Suisse Romande, der Casa da Musica Porto, dem Musikverein Wien und dem NHK Symphony Orchestra Tokyo ein neues Harfenkonzert geliefert. Die Uraufführung fand am 18. Januar 2024 in Paris statt. In einer Kritik der Uraufführung auf concertclassic.com wird über das neue Werk nicht allzu viel verraten. Um so größer war die Spannung hierauf.

Eötvös' Harfenkonzert fand sich in Berlin zwischen Wagners Siegfried-Idyll und zwei Werken von Claude Debussy, also zwischen ausgesprochen narrativen, ästhetisch auf den reinen Genuss und das interessenlose Wohlgefallen ausgerichteten Kompositionen. Wagner hatte sein Siegfried-Idyll anlässlich der Geburt seines und Cosima Wagners Sohnes Siegfried geschaffen. Cosima wurde nach der siebenjährigen Affäre mit Wagner von Hans von Bülow geschieden. Das Glück war perfekt, und das Cosima gewidmete Stück wurde vorerst nicht veröffentlicht und war Cosimas ganz persönlicher Schatz. Unter Matthias Pintscher geriet es trocken und prosaisch - derart durchhörbar, dass die einzelnen Instrumente und Stimmgruppen sich solistisch anfühlen. Eine interessante Interpretation und gute Überleitung zum Harfenkonzert.



Der französische Harfenist Xavier de Maistre und das RSB am 25. Februar 2024
(in der Philharmonie Berlin) | Foto (C) PMeisel



Peter Eötvös nutzt formal den klassisch-romantischen Kanons für sein neues Stück, in den Farben allerdings schimmert es zeitgenössisch. Mit dem ersten Satz „Allegro e felice“ startet das Harfenkonzert hell und in einer glücklichen Atmosphäre. Spitze hohe Töne zaubert Xavier de Maistre aus seinem Instrument. Marimbaphon und Xylophon antworten in ähnlichem Duktus, so werden die Bälle einige Zeit lustvoll hin und her geworfen. Moderne Spieltechniken haben das tonale Spektrum der Harfe längst erweitert. Eötvös nutzt das ausgiebig, und der Solist lässt sich begeisternd darauf ein. Am Ende fangen die Hände an einfach nur hin- und herzuschweben. Peter Eötvös dazu: „Brownsche Bewegungen der Töne, die unvorhersehbar und doch geheimnisvoll geordnet sind, vergleichbar einem Ballett der Vögel, die sich im Schwarm versammeln und wieder auseinanderfliegen.“

*

Und wieder ein schöner Übergang. Mit seinem Orchesterstück Prélude à l'après-midi d'un faune (dt.: Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns) setzt Claude Debussy auf weiche Farben und fließende Formen. Dabei spielt die Flöte eine wichtige Rolle: Mit ihrem Solo etabliert sie gleich zu Beginn den Grundton des Stücks. Die anspruchsvolle Aufgabe wird heute von der Flötistin meisterhaft erledigt. Der neue Klang, den Claude Debussy Ende des 19. Jahrhunderts in die Musik brachte, schimmert durch den Saal. Debussys musikalischer Impressionismus hat eine besondere Nuance und singuläre Qualität und rundet diesen klassisch-romantischen Abend ab.

Steffen Kühn - 26. Februar 2024
ID 14636
RUNDFUNK-SINFONIEORCHESTER BERLIN (PPhilharmonie Berlin, 25.02.2024)
Richard Wagner: Siegfried-Idyll
Peter Eötvös: Konzert für Harfe und Orchester
Claude Debussy: Prélude à l’après-midi d’un faune für Orchester
- "Ibéria" aus Images für Orchester
Xavier de Maistre, Harfe
Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin
Dirigent: Matthias Pintscher


Weitere Infos siehe auch: https://www.rsb-online.de


Post an Steffen Kühn

http://www.hofklang.de

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