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Maxim

Emelyanychev

beim DSO Berlin


Maxim Emelyanychev | Foto: Tessa Posthuma de Boer

Bewertung:    



Seit 2016 ist Maxim Emelyanychev (33) Chefdirigent des italienischen Barockensemblesl il Pomo d'Oro; zuvor, zeitgleich und auch danach stand er auch anderen Orchestern vor. Als Sohn einer russischen Musikerfamilie studierte er erst in Nijny Novgorod, dann in Moskau. Er spielt mehrere Instrumente, darunter Cembalo, Kornett und Hammerklavier. Seine bisherigen Spezialisierungen lagen v .a. auf dem Gebiet der historischen Aufführungspraxis. Mit der Sopranistin Joyce DiDonato nahm er, beispielsweise, ein Album mit Werken von Monteverdi, Händel und Purcell (War and Peace: Harmony trough Music, 2016) auf. 2019 wurde er bei den International Opera Awards als "hervorragendster Newcomer" ausgezeichnet. Er dirigierte an Opernhäusern in Glyndebourne, Zürich und London. Es folgten und folgen mehrere Debüts bei namhaften Orchestern weit und breit - jetzt also auch beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin.

Hier hatte er sich heute Abend Mendelssohns Ruy Blas-Ouvertüre, Beethovens 1. Klavierkonzert und Schuberts Große C-Dur-Sinfonie aufs Pult legen lassen.

Wir verschafften uns dann einen allerersten Eindruck über ihn am Beispiel der zwei ersten o.g. Werke, die er (bis zur Pause) dirigierte.

*

DSO-Musikdramaturg Habakuk Traber (der noch immer die mit Abstand lesenswertesten und also unlangweiligsten Konzerteinführungen Berlins verfasst) schreibt unter anderem dann das hier zu Ruy Blas von Felix Mendelssohn Bartholdy:


"Anfang des Monats, vom 5. bis 8. März, war sie komponiert, am 11. März erstmals öffentlich gespielt worden – in dem Zusammenhang, für den sie gedacht und gemacht war: als Vorspiel zu Victor Hugos gleichnamiger Tragödie. Auf dem Spielzettel des Gewandhaus-Konzerts wurde sie jedoch lediglich als 'Ouvertüre für den Theater-Pensions-Fonds' geführt. Mendelssohn wollte die Verbindung zum Bühnenstück wohl nicht zu eng ziehen, er fand es nämlich 'abscheulich und unter jeder Würde' – mit dem Urteil stand er nicht allein. Der französische Dichter, dessen politisches Engagement manche Wandlung durchmachte, siedelte das Drama am spanischen Hof in den letzten Lebensjahren des körperlich und geistig schwachen Königs Karl II. an (er starb 1700). Die wahre Regentin war seine Frau, Maria-Anna von der Pfalz-Neuburg. Von den spanischen Granden wurde sie deshalb teils hofiert, teils befehdet. Bei Hugo fällt ein gewisser Don Salluste bei ihr in Ungnade, weil er eine ihrer Hofdamen verführte, aber nicht heiraten wollte. Er sinnt auf Rache. Er gibt seinen pfiffigen Diener Ruy Blas als Adeligen aus. Der bringt’s zum Ministerpräsidenten und gewinnt die Gunst der Königin. Am Ende eines dekadenten Intrigenspiels fliegt er auf, tötet Salluste, vergiftet sich selbst und stirbt in Maria-Annas Armen, die ihm ihre Liebe gesteht. [...] Musikalisch zog sich [Mendelssohn] glänzend aus der Affäre. Kein Thema aus der Ouvertüre lässt sich mit einer Figur des Dramas in Verbindung bringen, der Komponist bezieht sich auf andere Eigenheiten. [...] Bei aller Ernsthaftigkeit der musikalischen Erfindung und Durchführung spielt in diesem c-MollWerk eine gehörige Portion romantischer Ironie mit: Es ist eine kleine Lektion über ästhetische Fallhöhen und den souveränen Umgang mit ihnen. Dieser gelingt nicht immer (siehe Hugo), aber doch manchmal (siehe Mendelssohn). "

(Quelle: Habakuk Traber, DSO-Programmheft)



Emelyanychev, der etwas wie Lars Eidinger aussieht, braucht keinen Taktstock. Seine Handgesten scheinen so derart zupackend und ein-eindeutig, dass es sicherlich den Musikerinnen und Musikern, die vor ihm sitzen, eine Freude sein dürfte, sie mit Verstand und Emotion zu übersetzen und als kongenialen Klang - und nicht nur ihm zuliebe - zu beantworten. Ein freundlich-freundschaftliches Geben und Nehmen, wie man es in dieser herkömmlichen Konstellation (Kapellmeister vs. Kapelle) seltenst wahrnimmt.

Und bei ihrem zweisam so gewollten Mendelssohn besticht das forsche Kantige noch mehr als das instrumentale Auseinandersortiertsein - und das trotz oder gar wegen eines mehr als üppig aufgestellten Orchesters (mit 6 Kontrabässen!) - - ja und ist und war das wirkllich unser sanfter Lichtalb Felix? Eher hätte man es als ein wirkungsvolles Stückchen Filmmusik zu Macbeth halten können. Irritierend-fulminanter Einstieg.

Dann der Beethoven - noch besser:

Gut auch, dass man endlich wieder weiß, dass es außer Lang Lang und Igor Levit auch noch andere und/ oder viel, viel bessere "weltbeste" Pianisten gibt; Francesco Piemontesi war Solist des ersten Beethoven-Klavierkonzerts. Geniale Mischung zwischen ihm & Emelyanychev & DSO!!! In einem solchen Tempo und mit einer solchen messerscharfen Präzision und einer so umherperlenden Leichtigkeit hatte es sicherlich noch niemals je zuvor ein Mensch gehört.

Schon extraordinär, beinahe extremistisch.



Maxim Emelyanychev | Foto (C) Elena Belova

Andre Sokolowski - 13. Januar 2022
ID 13397
DEUTSCHES SYMPHONIE-ORCHESTER BERLIN (Philharmonie Berlin, 13.01.2022)
Felix Mendelssohn Bartholdy: Ouvertüre zu Ruy Blas op. 95
Ludwig van Beethoven Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15
Franz Schubert Symphonie Nr. 8 Große C-Dur D 944
Francesco Piemontesi, Klavier
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Dirigent: Maxim Emelyanychev


Weitere Infos siehe auch: https://www.dso-berlin.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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