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Viktor

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Casanova an der Staatsoper Stuttgart | Foto (C) Matthias Baus

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Eine verwirrende Angelegenheit, dieser Casanova, den die Homepage der Staatsoper Stuttgart so ankündigt: „von Johann Strauss und Ralph Benatzky, Revue-Operette in sieben Bildern von Rudolph Schanzer und Ernst Welisch mit einem Text von Judith Schalansky“. Zur Erinnerung: Johann Strauss lebte von 1825 bis 1899, Ralph Benatzky, der Schöpfer des Weißen Rößl, von 1884 bis 1957, Rudolph Schanzer von 1875 bis zu seinem Selbstmord nach der Verhaftung durch die Gestapo im Jahr 1944, Ernst Welisch von 1875 bis 1941, und Judith Schalansky wurde 1980 geboren. Wer hat da was genau gemacht und in welcher Beziehung standen sie zueinander? Bei dieser Gelegenheit: ist die am Tag vor der Casanova-Premiere uraufgeführte Dreigroschenoper von Bertolt Brecht oder von Kurt Weill, in welcher Reihenfolge? Das Ergebnis des Großaufgebots an Ton- und Wortsetzern jedenfalls ist eine kaum bekannte Operette oder, genauer, eben eine Revue-Operette, so etwas wie ein Bindeglied zwischen Wiener Operette und Musical. Sie passt, zumal so kurz vor Silvester, zum entdeckungsfreudigen und dem Populären gewogenen Programm von Viktor Schoner und dem Allround-Meister Cornelius Meister, der auch diesmal höchstpersönlich dirigiert, aber zugleich in eine Tendenz, die es erlaubt, selbst Draußen vor der Tür im Schauspiel nebenan als Revue zu inszenieren, eine Gattung, die in Deutschland ihren Höhepunkt zehn Jahre vor Hitlers Machtergreifung fand. Die Regie führt bei Casanova, ein weiterer Beteiligter, Marco Štorman.

Die Regie also, das Bühnenbild von Demian Wohler und die Kostüme von Yassu Yabara: das ist Kitsch mit Volldampf voraus. Viel Pink, Rüschen und Glitzer. So hat man vor 70 Jahren im Ronacher Raimund inszeniert. Buchstäblich im Vordergrund steht Cassie Augusta Jørgensen, deren Bühnenkapital die Beine und der Hüftschwung sind.

*

Die Rettung vor all diesem szenischen Schrecken besteht in der unterschätzten Musik von Johann Strauss. Nicht ohne Grund gehörte Tschaikowsky zu den Bewunderern von Johann Strauss. Seine Musik ist so leicht nicht kaputt zu kriegen, und Cornelius Meister dirigiert sie mit einem Walzergefühl, als wäre er bei den Wiener Philharmonikern aufgewachsen.

Sehr sparsamer Szenenapplaus, etwas stärker nur für die Neuauflage der Comedian Harmonists. Heftige Buhs am Schluss für die Regie. Immerhin fand in diesem Haus einst das legendäre Winter-Bayreuth statt. Damit scheint Viktor Schoner nichts im Sinn zu haben. Ob ihm dieser Casanova ein junges Publikum einbringt, bleibt abzuwarten. Wie die Dinge stehen, ist mit Selbstkritik nicht zu rechnen. Er wird sich auf jene ausreden, die bei der Premiere geklatscht statt gebuht haben. Es ist wie mit dem halbvollen oder halbleeren Glas.

Und Casanova? Ich empfehle Fellinis Film mit Donald Sutherland. Ohne Johann Strauss, aber immerhin mit Nino Rota.




Casanova an der Staatsoper Stuttgart | Foto (C) Matthias Baus

Thomas Rothschild - 23. Dezember 2024
ID 15079
CASANOVA (Staatsoper Stuttgart, 22.12.2024)
Musikalische Leitung: Cornelius Meister
Regie: Marco Štorman
Bühne: Demian Wohler
Kostüme: Yassu Yabara
Choreografie: Cassie Augusta Jørgensen
Licht: Valentin Däumler und Clemens Gorzella
Dramaturgie: Ingo Gerlach
Choreinstudierung: Bernhard Moncado
Besetzung:
Casanova ... Michael Mayes
Barberina ... Maria Theresa Ullrich und Cassie Augusta Jørgensen
Laura ... Esther Dierkes
Hohenfels ... Moritz Kallenberg
Trude ... Stine Marie Fischer
Helene ... Mara Guseynova
Waldstein ... Johannes Kammler
Costa ... Elmar Gilbertsson
Menuzzi ... Kai Kluge
Dohna ... Florian Hartmann
Comedian Harmonists: Kai Kluge, Elmar Gilbertsson, Moritz Kallenberg, Johannes Kammler, Florian Hartmann, Esther Dierkes, Stine Marie Fischer und Mara Guseynova
Staatsopernchor Stuttgart
Staatsorchester Stuttgart
Premiere war am 22. Dezember 2024.
Weitere Termine: 28., 30.12.2024// 03., 07., 17., 25.01./ 08.02.2025


Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-stuttgart.de


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