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Premierenkritik

Überdehnt

György Kurtágs einzige Oper


Bo Skovhus (als Clov) - dahinter Laurent Naouri (als Hamm) - in Fin de partie von György Kurtág an der Staatsoper Unter den Linden | Foto (C) Monika Rittershaus

Bewertung:    



Vor ungefähr sieben Jahren erlebte György Kurtágs Oper Fin de partie - nach dem gleichnamigen Endzeitstück von Samuel Beckett - an der Mailänder Scala ihre seit Jahrzehnten erwartete Uraufführung; der heute 98-jährige ließ sich Zeit mit seinem Werk, und die Auftraggeber und/ oder Interessenten mussten halt dann länger hierauf warten, als sie es für möglich hielten.

Fin de partie ist Kurtágs einzige Oper - daher vielleicht auch diese obsessiven Begehrlichkeiten diverser Häuser; immerhin zählt der Komponist neben seinen beiden ungarischen Kollegen György Ligeti († 2006) und Péter Eötvös († 2024) mit zu den herausragendsten Schöpfern zeitgenössischer Musik zwischen den zwei Jahrtausenden.



"Ein Spiel. Am Ende. Um das Ende. Mit dem Ende. Mit vier Figuren. Hamm und sein Diener Clov. Hamms Eltern Nagg und Nell. Ein Spiel mit Regeln, Ritualen, Erinnerungen. Und mit Worten. Worte, die gesungen werden, was mit Samuel Becketts Texten bisher nur selten geschehen ist. Als einzige abendfüllende Vertonung eines seiner Theaterstücke bildet György Kurtágs Oper Fin de partie eine besondere Ausnahme. (Quelle: staatsoper-berlin..de)

*

Jetzt hat es die STAATSOPER UNTER DEN LINDEN, und zwar als vierte "Nachspielerin" weltweit, auf ihr Programm gesetzt; die musikalische Leitung der Musikerinnen und Musiker der Staatskapelle Berlin lag in den Händen von Alexander Soddy, es inszenierte Johannes Erath.

Was v.a. auffiel und extrem nervte:

Die durch Kurtágs Hinzutuung seiner Musik unerträglich daherkommende Dehnung des Beckett'schen Originals, das allein durch die dramaturgische Veränderung des Komponisten (12 Einzelszenen plus Prolog und Epilog; bei Beckett handelt es sich um einen durchgängig gesprochenen Einakter) und die kompositorische Unterschlagung der Hälfte des Originals kaum mehr als "Text von Samuel Becktett" (also in Gänze) verstanden werden dürfte.

Immer, wenn ursprünglich gesprochene Literatur zu nachträglich gesungener wird, kommt es (naturgemäß) zu diesen Dehnungen; und je "langsamer" und "ausgewalzter" sich ein Komponist mit Worten oder Wortansammlungen beschäftigte oder beschäftigt, umso ausgedehnter sind die resultativen Dimensionen des in Noten Gesetzten - und man muss ja eigentlich dem lieben Herrgott danken, dass der Kurtág nicht das ganze Endspiel-Stück vertonte; das hätte dann wohl für die Ausführenden als auch für die Hörerschaft drei oder mehr Stunden in Anspruch nehmen können - real dauerte es "nur" 1 Stunde und 45 Minuten; lang genug.

Und ja, ich gebe es unumwunden zu, dass ich - obgleich ich motiviert & munter zur Premiere angetreten war - , vielleicht ein Viertel (oder vielleicht sogar ein Drittel) der Aufführung im Dämmerzustand ertrug; diese Musik ist derart verkopft und "kompliziert", dass ich als (Fast-)Laie nicht zu ihr finden konnte; sorry!

Das Protagonisten-Quartett (mit Laurent Naouri als Hamm, Bo Skovhus als Clov, Dalia Schaechter als Nell und Stephan Rügamer als Nagg) traf da selbstverständlich keine "Schuld"; es sang halt das, was es an Noten kriegte, und es muss irrsinnig schwer gewesen sein, dieses insgesamt doch ziemlich Sperrige und (für mich Hörer) "Uneingängliche" einstudiert und letztlich auswendig gelernt zu haben. Vollen Respekt!

*

Der im Beckett'schen Original vorhandene klaustophobische Einheits- und Innenraum wurde, auch aufgrund der von Kurtág an seine Oper angepassten Dramaturgie, mit einem die gesamte Bühne einnehmenden umgekippten Riesenrad (das Kaspar Glarner als ausstattungsmäßige Hauptattraktion dieser Inszenierung entwarf) im letzten Drittel der Oper nach draußen verlegt; in es hinein musste Naouri ziemlich weit nach oben kraxeln, um von dort aus seine ellenlangen Hamm-Monologe zu singen; schlussendlich fing das technische Ungetüm sogar wieder zu leuchten und halbwegs zu drehen an; ein imposantes Wunderwerk an Bühnenbild! das war bestimmt nicht billig.

Birgit Wentsch kreierte unter anderem zwei schwarze Glitzerfummel für Hamm & Clov. Videokünstlerin Bibi Abel drehte vorab Schwarz-Weiß-Filmchen mit den vier Protagonisten; die wurden dann drei- oder mehrfach vergrößert (im Verhältnis zur jeweiligen Normalgröße der Vier) im Hintergrund gezeigt.




Dalia Schaechter (als Nell), Stephan Rügamer (als Nagg) und Laurent Naouri (als Hamm) in Fin de partie von György Kurtág an der Staatsoper Unter den Linden | Foto (C) Monika Rittershaus


Der Premierenapplaus war herzlich.

Mit Blick auf die oberen Ränge stellte ich allerdings fest, dass es bei weitem nicht ausverkauft zu sein schien; da wäre ich dann mal gespannt, wie die Platzauslastung zu den vier nachfolgenden Vorstellungen ist.


Andre Sokolowski - 13. Januar 2025
ID 15102
FIN DE PARTIE (Staatsoper Unter den Linden, 12.01.2025)
Oper in einem Akt von György Kurtág

Musikalische Leitung: Alexander Soddy
Inszenierung: Johannes Erath
Spielleitung: José Darío Innella und Marcin Łakomicki
Bühne: Kaspar Glarner
Kostüme: Birgit Wentsch
Licht: Olaf Freese
Video: Bibi Abel
Dramaturgie: Olaf A. Schmitt
Besetzung:
Hamm ... Laurent Naouri
Clov ... Bo Skovhus
Nell ... Dalia Schaechter
Nagg ... Stephan Rügamer
Staatskapelle Berlin
Premiere war am 12. Januar 2025.
Weitere Termine: 15., 21., 24., 31.01./ 02.02.2025


Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-berlin.de


https://www.andre-sokolowski.de

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