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La cage aux folles (Ein Käfig voller Narren) an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Monika Rittershaus

Bewertung:    



Vergangenen Sommer machte er mit einer hinreißend turbulenten Yiddish-Revue als Theaterdirektor winke, winke, nun hat Barrie Kosky die erste Produktion in der übrig gebliebenen Funktion als Chefregisseur der Komischen Oper Berlin gewuppt: La cage aux folles - Ein Käfig voller Narren. Nach Kiss me, Kate; West Side Story und Anatevka hätte es der krönende Abschluss der Kosky'schen Broadway-Tetralogie werden können. Bedauerlicherweise ist es anders gekommen: Seine Inszenierung des Jerry Herman/Harvey Fierstein-Musicals ist ziemlich trutschig geraten. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Problem Nummer eins: Das Ensemble! Der Mix aus Schauspielern, Opernsängern, Musicaldarstellern und einem Tänzer findet zu keinem einheitlichen Rhythmus. Möglicherweise löst sich das aber noch in Wohlgefallen auf, wenn das Ganze nach einigen Vorstellungen richtig gut geölt ist.

Problem Nummer zwei: Dem Regisseur mangelt es an konzeptionellen Ideen! Der Plot schnurrt derart überraschungsfrei wie visionslos über das Laufband, dass man sich fragt, warum Kosky für diese Reißbrettarbeit überhaupt im Regiestuhl Platz genommen hat. Wenn der gewiss großartig spielende (und an den hohen Tönen scheiternde) Stefan Kurt als Zaza in der Conference-Szene allerschlimmste Zoten über die Rampe hauen muss, beschleicht einen sogar das Gefühl, dass Kosky La Cage gar nicht mag.

Problem Nummer drei: Die neue Songtext-Fassung von Martin G. Berger! Es leuchtet völlig ein, dass einige wenige Zeilen wie „Es ist wie Dallas. Du erlebst hier wirklich alles...“ einen 80er-Jahre-Charme versprühen, der nicht mehr zeitgemäß ist. Wenn aber in der oft rumpelnd klingenden Übersetzung Bergers anglizistische Unfälle passieren - wie etwa ein „Fake-Busen“ -, rollen sich einem die lackierten Zehennägel hoch. Eine leichte Anpassung der Version von Erika Gesell und Christian Severin wäre die bessere Wahl gewesen.




La cage aux folles (Ein Käfig voller Narren) an der Komischen Oper Berlin
Foto (C) Monika Rittershaus


*

Jetzt soll es aber genug der Meckerei sein. Ein absoluter Hingucker sind die Kostüme von Klaus Bruns: Ein Traum aus Rüschen, Federn, Strümpfen, Perlen, Reifrock, Samt und Seide! Die von Otto Pichler bestens präparierte Tanzkompanie wirbelt mit halsbrecherischen Step 'n' Kick-Lines über die Bretter: Diese Cagelles können es locker mit dem Friedrichstadt-Palast aufnehmen! Schließlich Helmut Baumann, der so tief mit diesem Werk verwurzelt ist, nicht nur durch die legendäre Zaza am Theater des Westens! Seine Jacqueline hat eine Bühnenpräsenz, die alle Blicke auf sich zieht, sobald Baumann die Szene betritt. Und wenn er in „Die schönste Zeit ist heut“ mit einstimmt, ist man schon tief berührt.

Im voll besetzten Graben dirigiert Koen Schoots einen breit orchestrierten Herman. Tatsächlich habe ich diese Musik live noch nie so fett gehört, so voluminös. Mag dem Sound hie und da die Leichtigkeit fehlen: Das Orchester der Komischen Oper lässt Nummer für Nummer funkeln und spielt umwerfend gut.

Das fraglos beste Vöglein im Käfig ist der Jacob von Daniel Daniela Ojeda Yrureta, der mit südamerikanischem Temperament durchs Geschehen rotiert und alle anderen Schachmatt setzt. Neben ihm wirken Peter Renz als etwas hölzerner Georges und Nicky Wuchingers Jean-Michel reichlich blass. Der Venezolaner entpuppt sich als Spezialeffekt auf zwei wunderschönen Beinen. Eine echte Entdeckung!

Heiko Schon - 29. Januar 2023
ID 14024
LA CAGE AUX FOLLES (Komische Oper Berlin, 29.01.2023)
Musikalische Leitung: Koen Schoots
Inszenierung: Barrie Kosky
Choreographie: Otto Pichler
Stepp-Choreographie: Otto Pichler, Mariana Souza
Bühnenbild: Rufus Didwiszus
Kostüme: Klaus Bruns
Dramaturgie: Johanna Wall
Chöre: Jean-Christophe Charron
Licht: Frank Evin
Besetzung:
Georges … Peter Renz
Albin / Zaza … Stefan Kurt
Jacob … Daniel Daniela Ojeda Yrureta
Jean-Michel … Nicky Wuchinger
Anne Dindon … Maria-Danaé Bansen
Eduard Dindon … Tom Erik Lie
Mme. Dindon … Andreja Schneider
Jacqueline … Helmut Baumann
Frances … Diemut Wauer
Les Cagelles:
Odette … Shane Dickson
Clo-Clo … Christopher Bolam
Frou Frou … Danielle Bezaire
Mercedes … Liam Michael Scullion
Josephine … Brittany Young
Hanna … Benjamin Gericke
Nicole … Kai Braithwaite
Chantal … Michael Fernandez
Angélique … Paulina Plucinski
Monique … Davide De Biasi
Bitelle … Lindsay Dunn
Phaedra … Kai Chun Chuang
Dance Captain … Silvano Marraffa
Chorsolisten und Komparserie der Komischen Oper Berlin
Orchester der Komischen Oper Berlin
Premiere war am 28. Januar 2023.
Weitere Termine: 03., 05.02./ 04., 08., 10., 12., 16., 18.03./ 02., 07., 15.04./ 09.06.2023


Weitere Infos siehe auch: https://www.komische-oper-berlin.de/


Post an Heiko Schon

twitter.com/SchonHeiko

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