2 Frauen,
1 Mann
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V.l.n.r.: Kathrin Göring (als Adalgisa) und Roberta Mantegna (als Titelfigur) in Norma an der Oper Leipzig | Foto (C) Tom Schulze
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Bewertung:
Das sinnstiftende Hauptverdienst von Anthony Pilavachis Regie der Norma - gestern Abend war ihre Premiere an der Oper Leipzig - war, dass er den handlungstragenden Beziehungsdreier derart auf den Punkt zu bringen wusste, dass das Publikum für diesen einen und für das Gesamtverständnis dieser wahrlich wirren Handlung sicherlich nicht unentscheidenden Moment in hörbar ausgelass'nes Schmunzeln geriet: In der vielleicht entscheidenden (Guckkasten-)Szene schwärmte Kathrin Göring (als Novizin Adalgisa ) in gesprächiger Selbstoffenbarung gegenüber Roberta Mantegna (als ihrer hohepriesterlichen "Chefin" Norma) von ihrem Geliebten, den sie erst am Schluss des Busenfreundinnengesprächs beim Namen nannte; ja und als dann Dominick Chenes (als Pollione, der Verflossene von Norma und zugleich der Vater ihrer beiden Kinder) unverhofft ins Bild getreten war, gab es für uns und mich als voyeuristische Gemeinde allen Grund zu mitfühlender Schadenfreude - das war Situationskomik vom Feinsten!
Ansonsten gibt das Stück an sich nicht sonderlich viel her: Die von den Römern okkupierten "Druiden" hoffen inständigst, dass sich das Blatt zu ihren Gunsten dreht, und Norma, ihre geistliche Anführerin, soll das durch diverse Mondanbetungen vorhersagen - bis sie dann letztlich (weil inzwischen ihre mutterschaftlichen Verfehlungen ans öffentliche Licht gerieten) ihren Job quittiert und sich höchstselbst den Flammen übergibt. Das alles wird vom Regisseur in die Zeit des Ersten Weltkrieges sowie des aufkommenden Mussolini-Faschismus verlegt, ein kollektives Gut-gegen-Böse als der immerwiederkehrende Totalkonflikt nicht nur auf Opernbühnen.
Viel Futter allenthalben für den Chor, könnte man meinen - ist auch so. Aber außer viel, viel Herumgestandensein war da, rein szenisch, nichts weiter zu sehen. Umso hochgrandioser sang der Chor der Oper Leipzig; einstudiert hatte ihn der von Katharina Wagner zwischenzeitlich zum neuen Chordirektor der Bayreuther Festspiele beförderte Thomas Eitler de Lint.
Man sang und spielte übrigens in einer Bühnen- und Kostümausstattung, die für eine völlig andere Großproduktion - nämlich Les barbares von Camille Saint-Saëns - bestimmt gewesen war; diese für 2020/21 geplante Inszenierung fiel dann der Corona-Pandemie zum Opfer. Und aus Nachhaltigkeitsgründen schlug der mittlerweile neue Intendant des Hauses vor, dass Markus Meyers Bühne und Kostüme durchaus "zweckentfremdet" genutzt werden könnten, und warum auch nicht, denn zwischenzeitlich hatte auch der Regisseur alternativ auf Norma umgeschwenkt. Geschichten, die das Leben schreibt.
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Neben dem Chor und den drei o.g. Protagonistinnen und Protagonisten brillierte freilich auch das Gewandhausorchester, das vom Italiener Daniele Squeo zupackend und mit adäquatem "Sinn fürs Italienische" geleitet wurde.
Musikalisch also durchaus topp - rein szenisch aber relativ bedeutungsarm.
Ausufernde Begeisterung, trotz der gelegentlichen Einwände.
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Norma an der Oper Leipzig | Foto (C) Tom Schulze
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Andre Sokolowski - 2. Dezember 2024 ID 15037
NORMA (Oper Leipzig, 01.12.2024)
Musikalische Leitung: Daniele Squeo
Inszenierung: Anthony Pilavachi
Bühne und Kostüm: Markus Meyer
Licht: Michael Röger
Dramaturgie: Kara McKechnie
Choreinstudierung: Thomas Eitler de Lint
Besetzung:
Pollione ... Dominick Chenes
Oroveso ... Randall Jakobsh
Norma ... Roberta Mantegna
Adalgisa ... Kathrin Göring
Clotilde ... Gabrielė Kupšytė
Flavio ... Matthias Stier
Kinder Normas und Polliones ... Leopold Görmar und Naila Warmuth
Chor der Oper Leipzig
Gewandhausorchester Leipzig
Premiere war am 1. Dezember 2024.
Weitere Termine: 07., 11., 20.12.2024// 12., 24.01.2025
Weitere Infos siehe auch: https://www.oper-leipzig.de
https://www.andre-sokolowski.de
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