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nachDRUCK # 5

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Premierenkritik

Forschungs-

zentrum

E.S.C.H.E.



Bildquelle: staatsoper-berlin.de

Bewertung:    



Daniel Barenboim ist krank und kann daher den neuen RING, den er sich zum Geburtstag (er wird im November 80 Jahre alt) gewünscht hatte, leider nicht selber dirigieren, jedenfalls nicht die drei ersten Zyklen, die die nächsten Wochen an der Staatsoper Unter den Linden angesetzt sind; wenn er Glück hat - und wer wünschte ihm das nicht - könnte er zu den Oster-Festtagen 2023 mit "seiner" geliebten Staatskapelle wieder im Orchestergraben weilen...

Barenboim ergriff in Anbetracht seiner Vakanz die Initiative und hatte mit Christian Thielemann telefoniert, um ihn zu fragen, ob er übernehmen könnte - und der Thielemann sagte ihm zu; er würde zwar "nur" für den Zyklus I und Zyklis III terminlich können, aber immerhin! (Den zweiten Zyklus übernimmt Barenboims langjähriger Assistent Thomas Guggeis, der ab nächster Spielzeit GMD der Oper Frankfurt wird.)

Als Regisseur und Bühnenausstatter für diesen neuen RING - die letzten beiden inszenierten Harry Kupfer (1993-1996) und Guy Cassiers (2010-2013) - stand Dmitri Tcherniakov schon seit Jahren fest. Was diesmal völlig anders ist: dass dieser neue RING, so wie in Bayreuth, als einwöchige Premiere stattfindet, d.h. alle vier Teile nacheinander, was einem für dieses Haus noch nie erlebten kollektiven Kraftakt gleichkommt.



Gestern nun (2. Oktober) ging es los:

Das Rheingold.




Das Rheingold von Wagner, inszeniert von Dmitri Tcherniakov - an der Staatsoper Unter den Linden | Foto (C) Monika Rittershaus


Was war zu hören?
Christian Thielemann gönnt sich, der Staatskapelle Berlin sowie den 14 Gesangssolistinnen und -solisten insgesamt 2 Stunden und 40 Minuten gelebte Musik - also vom Es-Dur-Akkord bis nach dem "Einzug in Walhall". Das ist dann schon, was die Gesamtdauer betrifft, extrem und kann daher auch ruhigen Gewissens als erzkonservativ bezeichnet sein. (Nur zum Vergleich: Kent Nagano, der sich im letzten Jahr mit Concerto Köln auf Das Rheingold unter historisch-aufführungspraktischen Gesichtspunkten einließ, benötigte für die von Wagner vorgeschriebenen Originaltempi 24 Minuten weniger als sein Berliner Kollege.) Wie Thielemann das insgesamt und letztlich angeht, hat dann allerdings auch hörbare Vorteile. Der Klang wirkt ausgeglichen also unhektisch, das Instrumentarium hört sich sehr, sehr transparent an.

Die gesanglichen Herangehensweisen sind darüber hinaus besonders auffällig, denn es wird vielfach leise und vor allem ziemlich deutlich (Textverständlichkeit!) artikuliert, phrasiert, kurzum: "genauer als sonst" gesungen. Das macht sich ganz besonders positiv im Fall von Michael Volle (Wotan) bemerkbar, den ich in den letzten Jahren oftmals bis zum Stimmversagen live erlebte und das dahingehend deutete, dass er einfach zu oft und auch zu schwer in singenden (Gewalt-)Aktionen eingebunden war; muss ja nicht sein, man kann ja auch das eine oder andere zur eigenen stimmlichen Rekonvaleszenz ganz einfach absagen, oder?

Zu den herausstechendsten sängerischen Leistungen dieses Premierenabends zähle ich die von Johannes Martin Kränzle (Alberich), Mika Kares (Fasolt), Stephan Rügamer (Mime) und Rolando Villazón (Loge), der - für mich unerklärlich - Buhs am Schluss bekam. Claudia Mahnke wirkt als Fricka nicht oder noch nicht gerissen genug, und Vida Miknevičiūtės Stimme (als Freia) nervt dann auf die Dauer wegen ihrer vehementen Zittrigkeit.

Was war zu sehen?
Ein Bühnenprospekt zeigt noch vor dem eigentlichen Vorspiels den innenarchitektonischen Aufriss eines so genannten "Forschungszentrums E.S.C.H.E." Das scheint aller Wahrscheinlichkeit nach der von Dmitri Tcherniakov konzipierte Handlungsort zu sein, wo sich am Ende höchstwahrscheinlich alles Weitere - bestimmt auch in den anderen drei Teilen - abspielt. Zum Finale sieht man dann auch die in Walhall (= "Forschungsinstitut E.S.C.H.E.") einziehende Götterfamilie in einem Vestibül mit angeleuchteter Weltesche, einem Ledersitzrund und einem Lift dazwischen.

Die Rheintöchter/Alberich-Szene am Anfang spielt in einem STRESS-LABOR mit elektroschockerzeugenden Apparaturen, mit denen der Zwerg zwecks eines an ihm verübten Menschenversuchs verkabelt ist und wo er sich von drei medizinisch-technischen Assistentinnen zutexten lässt - bei der Gelegenheit erfährt er diese Goldgeschichte, rastet aus und haut das STRESS-LABOR in Klumpen...Und auch in Nibelheim finden gewisse Experimente statt; eine Etage oberhalb sieht man zig Käfige mit allerliebst herumhoppelnden Versuchskaninchen (in echt natürlich).

Die abschließenden Bauverhandlungen zwischen Wotan/Fafner & Fasolt ereignen sich im Konferenzsaal seines von den Riesen errichteten neuen Domizils; man sieht nie Gold; und kurz nach der Auslösung Freias knallt Fafner seinen Bruder mit einer Pistole über den Haufen [s. Foto oben] und tritt unbehelligt ab mit jenem fluchbeladnen Ring.

Bei Alberich ist eine (durch Elektroschocks verursachte?) Demenz beobachtbar, d.h. ihn nimmt ringsum niemand für voll, doch alle gehen halt zum Schein auf seine Hirngespinste ein.

Neugier auf Walküre.

Andre Sokolowski - 3. Oktober 2022
ID 13833
DAS RHEINGOLD (Staatsoper Unter den Linden, 02.10.2022)
Musikalische Leitung: Christian Thielemann
Inszenierung und Bühnenbild: Dmitri Tcherniakov
Kostüme: Elena Zaytseva
Licht: Gleb Filshtinsky
Video: Alexey Poluboyarinov
Dramaturgie: Tatiana Werestchagina und Christoph Lang
Besetzung:
Wotan ... Michael Volle
Donner ... Lauri Vasar
Froh ... Siyabonga Maqungo
Loge ... Rolando Villazón
Fricka ... Claudia Mahnke
Freia ... Vida Miknevičiūtė (statt Anett Fritsch)
Erda ... Anna Kissjudit
Alberich ... Johannes Martin Kränzle
Mime ... Stephan Rügamer
Fasolt ... Mika Kares
Fafner ... Peter Rose
Woglinde ... Evelin Novak
Wellgunde ... Natalia Skrycka
Flosshilde ... Anna Lapkovskaja
Staatskapelle Berlin
Premiere war am 2. Oktober 2022.
Weitere Termine: 15., 29.10.2022/ 04.04.2023


Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-berlin.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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Neuer RING an der Staatsoper Unter den Linden (2) | Die Walküre

Neuer RING an der Staatsoper Unter den Linden (3) | Siegfried

Neuer RING an der Staatsoper Unter den Linden (4) | Götterdämmerung



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