Trouble in Tahiti
von Leonard Bernstein
mit Studierenden der HfM Hanns Eisler und der UdK Berlin
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Bewertung:
Die weltweite Bekanntheit und Popularität des amerikanischen Komponisten Leonard Bernstein (1918-1990) hat sowohl mit seiner persönlichen Strahlkraft als auch, und das vor allem, mit seiner West Side Story zu tun; die eingeschworeneren Lenny-Insider schätzen und lieben ihn darüber hinaus auch, und das insbesondere, als Mahler-Dirigent par excellence. All das wurde unlängst im Netflix-Biopic unter dem Titel Maestro filmisch manifest. Es behandelte auch Bernsteins Ehefrau Felicia Montealegre (1922-1978), der Lenny bis zu ihrem frühen Krebstod auf das Innigste verbunden war; sie kriegte freilich schon beizeiten mit, dass ihr arg umtriebiger Gatte auch dem anderen Geschlecht nicht abgeneigt gewesen war…
Jetzt haben Studierende der beiden Berliner Musikhochschulen – im Verbund mit Kommilitonen anderer “Gewerke” aus weiteren Kunsthochschulen in der Hauptstadt und Umgebung – die Initiative ergriffen und ein hierzulande doch (noch) relativ unbekanntes Bernstein-Opus, die zirka 40-minütige Kurzoper Trouble in Tahiti (UA 1952), aufgeführt; das Theater im Palais (im historischen Berliner Palais am Festungsgraben) bot ihnen hierzu die Bühne.
Es geht hierin um...
“...zwei Menschen, die weder mit- noch ohneeinander können. Wollen sie zusammen essen, streiten sie sich. Wenn sie sich streiten, können sie nicht miteinander reden. Also gehen sie stattdessen ins Kino. Aber ob das die Lösung ist?” (Quelle: theater-im-palais.de)
Angeblich würde die Geschichte dieses Oper’chens, an dem Lenny während seiner Flitterwochen mit Felicia arbeitete, auf der ehelichen Beziehung seiner beiden Eltern Sam & Jenny (die er in seinem Libretto als Sam & Dinah auswies) basieren; den Namen seines Vaters beließ er also wie er war, während der Name “Dinah” dem seiner Großmutter entsprach.
Und das hier spielt sich nacheinander ab:
“Das Ehepaar Dinah und Sam ist seit etlichen Jahren verheiratet und hat ein Kind. Die beiden leben zwar noch zusammen, sind sich aber die meiste Zeit überdrüssig. Sie begrüßen sich jeden Morgen noch freundlich, aber schon beim Frühstück geraten sie in Streit. Sam ist froh, als er das Haus verlassen kann, um ins Büro zu gehen. Anerkennung und Zufriedenheit findet er abends im Sportclub; dort ist er der Held.
Dinah hat viel zu oft einen Termin beim Psychiater. Dessen Geschwafel scheint sie aber eher kränker zu machen als sie ist. Wie gut, dass die Stadt wenigstens ein Kino hat. Zurzeit ist dort ein Rührstück aus der Traumfabrik Hollywood zu sehen: Trouble in Tahiti. Obwohl sie den Film schon kennt, schaut sie ihn am Nachmittag nochmals an. In der Scheinwelt des Films träumt sie sich in ein schöneres Leben hinein. Ach, könnte sich doch ihr Verhältnis zu Sam ebenso problemlos gestalten wie das der Protagonisten in dem Film.
Abends sitzen die beiden wieder zu Hause scheinbar idyllisch am Tisch. Eigentlich sollten jetzt die gemeinsamen Probleme besprochen werden, aber keiner wagt, das Gespräch in diese Richtung zu lenken. Um auf andere Gedanken zu kommen, schlägt Sam seiner Frau vor, ins Kino zu gehen. Und was schauen sich die beiden dort an? Natürlich Trouble in Tahiti.”
(Quelle: Wikipedia)
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Der musikalische Aufwand scheint nicht allzu groß zu sein. Fünf Gesangssolistinnen und -solisten (die beiden Hauptfiguren und ein die Handlung verbindendes und kommentierendes Vokalterzett) sowie ein Instrumentaltrio mit Rodolfo Dassaev (am Klavier), Karl Fröhlich (am Kontrabass) und Max Mertens (am Schlagzeug) werden benötigt.
Der dänische Bariton Mads Jakobsen (als Sam) und die schwedische Sopranistin Lilian Katthän (als Dinah) stehen im Mittelpunkt; seine Stimme lässt vermuten, dass er sich in Zukunft gar im Wagnerfach als “schwerer Heldentenor” zurechtfinden könnte – sie hingegen klingt betörend fein und schön, und ich versuchte sie mir als Pamina in der Zauberflöte (beispielsweise) vorzustellen. Lara Körner, Juntao Ye und Siguang Yang brillieren als jazzig entertainende Vokalisten.
Musikalische zusammengehalten und geleitet wird das alles von Fanye Yuan.
Auch szenisch braucht’s dem Anschein nach nicht viel: Bühnenbildner Gaetan Langlois-Meurinne begnügt sich mit fünf unterschiedlich großen Kühlschränken, die in ihrer Hin- und Herverschiebbarkeit Enge oder Weite der bespielbaren Handlungsräume assoziieren; die von Ellen Schäfer entworfenen Kostüme bedienen das US-amerikanische Tragekomfort eines klein- also provinzstädtischen Alltagsdaseins.
Regisseur Paul Janicke und Choreografin Gabriele Lobo führen und bewegen ihre Akteurinnen und Akteure mit zwanglos leichter Hand; die Freude an dem von ihnen inszenierten bzw. choreografierten Spiel ist allgegenwärtig und überträgt sich folgerichtig auf die zuschauende Fan-Gemeinde.
Hat Spaß gemacht, dem allen zuzuhören/ zuzusehen.
Eine Werk-Entdeckung, ohne jede Frage.
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Bildquelle: theater-im-palais.de
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Andre Sokolowski – 6. März 2025 ID 15175
TROUBLE IN TAHITI (Theater im Palais, 05.03.2025)
Musikalische Leitung: Fanye Yuan
Regie: Paul Janicke
Bühne: Gaetan Langlois-Meurinne
Kostüme: Ellen Schaefer
Choreografie: Gabriele Lobo
Korrepetition: Rodolfo Dassaev
Besetzung:
Mads Jakobsen (als Sam)
Lilian Katthän (als Dinah)
Siguang Yang, Lara Körner und Juntao Ye (Gesangstrio)
Rodolfo Dassaev (Klavier)
Karl Fröhlich (Bass)
Max Mertens (Schlagzeug)
Premiere war am 5. März 2025.
Weiterer Termin: 06.03.2025
Weitere Infos siehe auch: https://www.theater-im-palais.de
https://www.andre-sokolowski.de
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On The Town (MuKo Leipzig, 2019)
A Quiet Place (Musikfest Berlin, 2013)
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