Fritsch
in Sevilla
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Il Barbiere di Siviglia | (C) Wiener Staatsoper / Ashley Taylor
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Bewertung:
Bald zweieinhalb Jahre zeigt die Wiener Staatsoper nun bereits eine der beliebtesten und ohne Zweifel eine der komischsten Opern, Gioachino Rossinis Il barbiere di Siviglia, in der Regie des Meisters im komischen Fach, von Herbert Fritsch. Davor lief der Barbier von Sevilla über ein halbes Jahrhundert weit mehr als 400 Mal in einer Inszenierung von Günther Rennert.
Schon während der Ouvertüre kreisen farbige Vierecke über eine weiße Fläche – Vasarely ist offensichtlich der Anreger für das Bühnenbild, das Fritsch in bewährter Weise selbst entworfen hat, – und die Figuren der Oper werden als Schattentheater vorgestellt.
Der neue Figaro ist größer und beleibter, als man ihn sich traditionell vorstellt, und trägt sein Haar aufgetürmt, aber wen stört das, wenn er so kraftvoll singt wie Adam Plachetka. Die Canzonetta des Grafen Almaviva (mit stilreinem Belcanto Lawrence Brownlee) begleitet er auf der Luftgitarre. Überhaupt gibt es musikalisch am Ensemble (und am Orchester der Wiener Staatsoper, den renommierten Wiener Philharmonikern) nichts zu bemängeln. Dennoch: als prima inter pares muss die Rosina der erst 29-jährigen Patricia Nolz gepriesen werden. So frisch und intonationsgenau klingen die Koloraturen selten.
Die Figur, die unverfälscht aus der Commedia dell' arte stammt, ist der Antipathieträger Bartolo, der lüsterne Alte (ein gefundenes Fressen im Zeitalter von #Me too). Bei ihm bewegt sich Herbert Fritsch auf vertrautem Terrain. Und Fabio Capitanucci genießt die komische Wirkung des Schnellsingens. Als Bass konkurriert es mit dem fabelhaften Adam Palka als der bestechliche Überläufer Don Basilio.
Seit gut zwanzig Jahren tanzen einsame Figuren durch Operninszenierungen, so auch hier, eine Mode, die zunehmend eher nervt als eine Bereicherung darstellt.
Seine Stärken demonstriert Herbert Fritsch in den größeren Ensembleszenen. Bei den Arien fällt ihm auch nicht so gar viel ein, und Purzelbäume oder spektakuläre Stürze kann er Sängerinnen und Sängern schwerlich abverlangen. Sie sollen ja in erster Linie singen.
Für jene, die es nicht nach Wien schaffen, gibt es einen Trost. Die Inszenierung des Barbiers wurde eben als Doppel-DVD und als Doppel-Blu-ray veröffentlicht. Zugegeben: ein Ersatz für das Live-Erlebnis ist das nicht. Aber es hat den Vorzug, dass man die Aufführung, allerdings in der Premierenbesetzung, beliebig oft wiederholen kann und, nebenbei, dass die Aufzeichnung deutlich weniger kostet als der Sitzplatz in der Oper, von dem aus man das Bühnengeschehen so gut sieht.
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Thomas Rothschild - 23. Februar 2024 ID 14622
IL BARBIERE DI SIVIGLIA (Wiener Staatsoper, 22.02.2024)
Musikalische Leitung: Diego Matheuz
Inszenierung und Bühne: Herbert Fritsch
Kostüme: Victoria Behr
Licht: Carsten Sander
Besetzung:
Graf Almaviva ... Lawrence Brownlee
Bartolo ... Fabio Capitanucci
Rosina ... Patricia Nolz
Don Basilio ... Adam Palka
Figaro ... Adam Plachetka
Marzellina (Berta) ... Aurora Marthens
Fiorello ... Jack Lee
Ambrogio ... Sebastian Wendelin
Chor und Orchester der Wiener Staatsoper
Premiere war am 28. September 2021.
Weitere Infos siehe auch: https://www.wiener-staatsoper.at
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