Nadezhda Pavlova als
Donna Anna im Hamburger
Don Giovanni
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Bewertung:
Die am vergangenen Wochenende wiederaufgenommene Don Giovanni-Produktion widmete die Hamburgische Staatsoper "den Menschen in der Ukraine"; der Krieg dort hatte wenige Tage zuvor gerade begonnen (falls man das derart simplifizierernd überhaupt noch so sagen darf). Die Besetzungsliste wies Sängerinnen und Sänger aus verschiedenen Herkünften aus, darunter ein Ukrainer, ein Turkmene, zwei Russinnen, ein Russe, ein Weißrusse, eine Slowakin, ein Italiener... Ob das weiterhin so praktiziert werden kann - siehe beispielsweise die gegenseitigen Überflug- und Landeverbote einerseits von russischen Passagiermaschinen nach Europa, andererseits von europäischen nach Russland - bleibt fraglich. Der weltweite Kultur- und Kunstbetrieb steht vor beträchtlichen Herausforderungen. Die völlig hilflos scheinende Frage bleibt am Ende, wie (und ob!) ein kulturelles Miteinander in der nahen Zukunft funktionieren soll, wenn alles weiter und noch viel, viel schlimmer eskaliert: Wer hätte sowas vor noch gar nicht allzu langer Zeit jemals für möglich halten wollen. Man ist fassungslos.
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Unter "normalen" Umständen hätte ich jetzt enthusiastisch eingestehen wollen, dass ich eigentlich nur wegen der Jahrhundertstimme von Nadezhda Pavlova diesen spontanen Mozart-Ausflug an die Alster unternahm. Und in der Tat: Hatte man je zuvor eine so unbeschreiblich grunderschütternde und in sich eingefangene, hochkonzentrierte Donna Anna von wem anders singen und gestalten gehört sowie gesehen? Mit ihrer beispiellosen Gesangstechnik vermag sie Töne zu erzeugen, die man so zuvor noch niemals wahrzunehmen glaubte. Sie kann leise, sie kann laut, sie kann "gerade", sie kann Koloratur; alles irgendwie nicht von dieser Erde, die beste Donna Anna aller Zeiten! Sensationell. [Jetzt hatte ich es also doch einseitig und nicht minder enthuisiastisch eingestanden, dass ich eigentlich nur wegen ihr in diesem Don Giovanni war.]
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Don Giovanni an der Hamburgischen Staatsoper, 2019 | (C) Brinkhoff/Mögenburg
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Adam Fischer dirigierte übrigens; und ich war verblüfft, wie flott und schmissig und wie jugendlich und leichtfüßig er seinen Don Giovanni angegangen war.
Die Inszenierung von Jan Bosse und die Ausstattung von Stéphane Laimé (Bühnenbild) und Kathrin Plath (Kostüme): zum Vergessen.
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Andre Sokolowski - 1. März 2022 ID 13491
DON GIOVANNI (Hamburgische Staatsoper, 26.02.2021)
Musikalische Leitung: Adam Fischer
Inszenierung: Jan Bosse
Bühnenbild: Stéphane Laimé
Kostüme: Kathrin Plath
Licht: Kevin Sock
Video: Jan Speckenbach
Dramaturgie: Janina Zell
Besetzung:
Don Giovanni ... Andrei Bondarenko
Leporello ... Luca Pisaroni
Donna Anna ... Nadezhda Pavlova
Don Ottavio ... Dovlet Nurgeldiyev
Il Commendatore ... Alexander Vinogradov
Donna Elvira ... Jana Kurucová
Zerlina ... Julia Lezhneva
Masetto ... Alexander Roslavets
Amor/Tod ... Anne Müller
Chor der Hamburgischen Staatsoper
(Einstudierung: Christian Günther)
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Premiere war am 20. Oktober 2019.
Weitere Termine: 03., 05., 11.03.2022
Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-hamburg.de/
https://www.andre-sokolowski.de
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