In den Seilen
gehangen
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Thomas M. Mayer als Der fliegende Holländer an der Hamburgischen Staatsoper | Foto (C) Hans Jörg Michel
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Bewertung:
Zwei Fliegender Holländer-Inszenierungen der jüngeren Vergangenheit sind mir in bleibender Erinnerung verhaftet: die eine stammt von Philipp Stölzl (Theater Basel) und die andere von Michiel Dijkema (Oper Leipzig) - in der einen tat der Regisseur die unsägliche Biedermeierei des Stücks sehr bildgewaltig und ironisch hinterfragen, in der anderen wuchtete aufs Bedrohlichste der Bug des Geisterschiffs vom Holländer weit über den Orchestergraben ins Parkett hinein; so bringt man Wagners Jugendstreich szenisch auf höchsten Wellengang, so sieht szenisch ergreifendes Musiktheater aus.
Freilich geht alles das auch ohne größtmöglichen Bühnen-Schnickschnack, und falls man ein mehr als akzeptables sängerisches Personal fürn Holländer, für Senta und für Daland, Erik und den Steuermann parat hätte, würde "es" allem Anschein nach auch - ohne szenisch zu beeindrucken oder gar zu verstören - funktionieren.
So geschehen jetzt beim neuen Holländer der Hamburgischen Staatsoper:
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Der fliegende Holländer: Jennifer Holloway (als Senta) und der Chor der Hamburgischen Staatsoper sowie Mitglieder des Herrenchores der Nationaloper KyivFoto (C) Hans Jörg Michel
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Kent Nagano (der für seine leichtfüßige, fast schon schwerelose Rheingold-Deutung mit Concerto Köln vom letzten Jahr nicht hoch genug bejubelt sein kann!) braucht für "seinen" Alster-Holländer 2 Stunden und 21 Minuten; das ist schon zügig, und obgleich er starke Temposchwankungen, je nach Gemüts- und Stimmungslage des jeweils zu Singenden, verordnet.
Thomas J. Mayer (in der Titelrolle) und Jennifer Holloway (als Senta), aber auch Kwangchul Youn (als Daland) und Benjamin Bruns (als Erik) hinterlassen einen überwiegend makellosen stimmlichen Eindruck.
Die beiden Chöre (Chor der Hamburgischen Staatsoper und Mitglieder des Herrenchors der Nationaloper Kiew): beeindruckend in ihrer sängerischen Kraft und ausgewogenen Synchronität mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg.
Die Inszenierung von Matthias Thalheimer gefällt sich in ihren symbolistischen und pseudo-psychoanalytischen Verkrampfungen - und weder dass es Schiffe und/ oder Matrosen und schon gar nicht keine Biedermeier-Spinnerinnen irgendwo und irgendwie zu sehen oder zu erahnen gibt; nur hunderte herabhängende Seile als womöglich angedeutete Taue der Takelage (Bühne: Olaf Altmann), die mit viel, viel indirektem Licht zum Dauerglitzern gebracht werden und sich die Sängerinnen und Sänger durch sie vor- und rückbewegen oder auch bloß mittendrin herumhängen.
O Gott, wie dürftig und wie nichtssagend können mitunter so Regiehandschriften sein!
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Andre Sokolowski - 15. November 2022 ID 13912
DER FLIEGENDE HOLLÄNDER (Hamburgische Staatsoper, 13.11.2022)
Musikalische Leitung: Kent Nagano
Inszenierung: Michael Thalheimer
Bühne: Olaf Altmann
Kostüme: Michaela Barth
Licht: Stefan Bolliger
Dramaturgie: Ralf Waldschmidt
Chor: Eberhard Friedrich
Besetzung:
Daland ... Kwangchul Youn
Senta ... Jennifer Holloway
Erik ... Benjamin Bruns
Mary ... Katja Pieweck
Der Steuermann Dalands ... Peter Hoare
Der Holländer ... Thomas J. Mayer
Die Mannschaft des Holländers ... Mitglieder des Herrenchores der Nationaloper Kyiv
Chor der Hamburgischen Staatsoper
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Premiere war am 23. Oktober 2022.
Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-hamburg.de/
https://www.andre-sokolowski.de
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