VERA
im Schnee
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Daphne an der Staatsoper Unter den Linden | Foto (C) Monika Rittershaus
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Bewertung:
Im Zentrum der 1 Stunde und 50 Minuten währenden Produktion von Richard Strauss' Daphne (mit dem kitschig-grauenhaften Text von Joseph Gregor, der gottlob akustisch unnachprüfbar war, auch weil sich die Staatskapelle Berlin unter Thomas Guggeis laut und immer lauter gegen alle Artikulationsversuche des gesamten sängerischen Personals martialisch zu behaupten meinte) steht die Titelfigur - sie wird von Vera-Lotte Boecker gesungen und gespielt; und (wenigstens) bei ihr vermag der Zuhörer an Stellen, wo sich das Orchester nicht so überbordend wichtig nimmt, den einen oder anderen Vokal eindeutig zu erkunden, und obgleich auch sie an ihrer Textverständlichkeit in Zukunft noch etwas trainieren sollte; allerdings - ich will nicht ungerecht sein - ; ihre Stimme ist schon toll! Ihr Timbre hat was wärmend Einlullendes, ihre Höhen tut sie unverkrampft, ja fast geschmeidig und geradlinig erklimmen.
Der sowohl für die Regie als auch für die Gesamtausstattung und fürs Licht zuständige Theaterkunst- bzw. Kunsttheaterstar Romeo Castellucci ließ dann auch seiner Protagonistin einen schönen weißen Wintermantel mit 'nem eingeprägten Innen-Logo, worauf VERA stand, maßschneidern; und so fokussierten er bzw. seine Inszenierung sich in Folgerichtigkeit auf SIE, um die es hauptsächlich in dieser sogenannten "bukolischen [= idyllisch-ländlichen] Tragödie in einem Aufzug" geht. Und weil er halt auf Sonne und auf Griechenland null Bock zu haben schien, versetzte er "sein" Stück in eine öde Winterlandschaft, und er ließ es unentwegt vom Schnürboden herab weiße Konfettischnipsel schneien, derart intensiv und dicht, dass man (so wie im wahren Leben, wenn man halt in einen andauernden Schneefall mitten rein gerät) fast nichts mehr sehen konnte; und so wollte es der Castellucci halt. Dass "seine" VERA in der kalten Ödnis hätte frieren können, fiel ihm unlogischer Weise gar nicht ein, denn selbige tat sich hier Stück um Stück entkleiden, um mit ihrem liebsten Freund, einem erfrornen Bäumchen, physisch eins zu werden - Megatief-Altistin Anna Kissjudit (als Mutter Gaea) streifte ihr letztlich sogar den Slip vom Leib, um ihren Paarungswillen "anzuheizen"; wir befanden uns in diesem Augenblick längst auf dem Höhepunkt des dionysischen Gelages, das zudem von Pavel Černoch (als Apollo) torpediert wurde... Und lauter solches Pseudomythologisches.
Öd.
Öder.
Am ödesten.
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Daphne an der Staatsoper Unter den Linden | Foto (C) Monika Rittershaus
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Andre Sokolowski - 24. Februar 2023 ID 14059
DAPHNE (Staatsoper Unter den Linden, 23.02.2023)
Musikalische Leitung: Thomas Guggeis
Inszenierung, Bühnenbild, Kostüme und Licht: Romeo Castellucci
Choreographie: Evelin Facchini
Einstudierung Chor: Martin Wright
Dramaturgie: Piersandra Di Matteo und Jana Beckmann
Besetzung:
Peneios ... René Pape
Gaea ... Anna Kissjudit
Daphne ... Vera-Lotte Boecker
Leukippos ... Linard Vrielink
Apollo ... Pavel Černoch
4 Schäfer: Arttu Kataja , Florian Hoffmann , Roman Trekel und Friedrich Hamel
2 Mägde ... Evelin Novak und Natalia Skrycka
Premiere war am 19. Februar 2023.
Weitere Termine: 02., 05., 09., 12., 18.03.2023
Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-berlin.de
https://www.andre-sokolowski.de
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