Queere Carmencita
Lindy Larsson als CARMEN - ein Heidenspaß am Maxim Gorki Theater in Berlin
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Bewertung:
Lindy Larsson ist Carmen in der gleichnamigen Performance am Berliner Maxim Gorki Theater (Regie: Christian Weise) - frei nach der ebenso gleichnamigen Oper von George Bizet.
Für den gebürtigen Schweden mit familiären Roma-Wurzeln scheint diese Rolle wie auf den Leib geschrieben; es macht einen Heidenspaß ihm zuzusehen und zuzuhören - und der Kern des Ganzen, und weshalb die auf queer getrimmte Chose (Dramaturgie: Endre Malcolm Holéczy & Maria Viktoria Linke) überhaupt dann ausgedacht und losgetreten ward, ist der, dass es sich halt bei Carmen um eine durch und durch eingefleischte Romni handelt und die Oper resp. ihre Textvorlagen durch Prosper Mérimée (1803-1870) bzw. Meilhac & Halévy bis heute als Protobeispiele eines literarisch als wie musikalisch ausgeübten Salon-Rassismus dienen. Die Habanera der Carmen weist beispielsweise diese Textstelle hier aus: "Die Liebe von Zigeunern stammet,/ fragt nach Rechten nicht, Gesetz und Macht;/ liebst du mich nicht, bin ich entflammet,/ und wenn ich lieb, nimm dich in acht!"
"Die Roma-Gemeinschaft hat eine toxische Beziehung zu Carmen: Als eine unserer wenigen Ikonen, die die Jahrhunderte überdauert haben, erfüllt sie jedes Stereotyp, das jemals über uns Roma kursierte. Sie ist gewalttätig, rüpelhaft, ungezähmt, heißblütig, leidenschaftlich, diebisch, tanzt und singt sich als schwarzhaarige Femme fatale bar jeder Moral in die Betten der Männer. Und doch wird sie geliebt. Sie ist eine Widerstandsfigur, ein Symbol der Freiheit gegen die Konformität, eine Verweigerung der Opferrolle. Und letztlich das Porträt einer Frau, die ihrer Zeit voraus war." (Quelle: gorki.de)
Das [s.o.] schreibt Riah Knight, die ihresteils eine mehr als schräge Micaëla-Karrikatur als braves deutsches Mädel mit zwei überlangen geflochtnen blonden Zöpfen abliefert; grandios gemimt.
Alles klar?
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Das vieraktige Original wird in weit über 2 Stunden - fast "identisch" (jedenfalls von der Handlung her) - nachgespielt, und auch die meisten Musik-Nummern hieraus wären/ sind sogar für den konservativsten Opernfan wiedererkennbar; Jens Dohle hat ein Arrangement für drei Musiker geschrieben, das wird dann von ihm selbst (an den Tasteninstrumenten und am Schlagzeug) sowie von Dejan Jovanović (am Knopfakkordeon) und Steffen Illner (an Kontrabass und Cello) in die Tat umgesetzt.
Zudem sind Via Jikeli (als Don José), Till Wonka (als Escamillo) sowie Marc Benner und Catherine Stoyan in diversen Rollen mit von der Partie.
Es ging wohl auch um die Überwindung des sog. Patriarchats oder so.
Das Publikum uferte vor Begeisterung fast aus.
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Lindy Larsson (Mitte) als Carmen am Maxim Gorki Theater in Berlin Foto (C) Ute Langkafel MAIFOTO
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Andre Sokolowski - 13. Februar 2025 ID 15146
CARMEN (Maxim Gorki Theater, 12.02.2025)
nach Georges Bizet und Henri Meilhac & Ludovic Halévy
Regie: Christian Weise
Music/ Arrangement: Jens Dohle
Bühne: Julia Oschatz und Felix Remme
Kostüme: Lane Schäfer
Choreografie: Rônni Maciel
Livemusik: Jens Dohle, Dejan Jovanović und Steffen Illner
Lichtdesign: Connor Dreibelbis
Gesangscoach: Turan von Arnim
Dramaturgie: Endre Malcolm Holéczy und Maria Viktoria Linke
Dramaturgische Mitarbeit: Riah Knight
Mit: Marc Benner, Via Jikeli, Riah Knight, Lindy Larsson, Catherine Stoyan und Till Wonka
Premiere war am 24. Januar 2025.
Weitere Termine: 25., 26.02./ 08., 09.04.2025
Weitere Infos siehe auch: https://www.gorki.de
https://www.andre-sokolowski.de
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