Was fürs Auge
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Seth Carico als Don Giovanni an der Oper Köln | Foto (Detail): Sandra Then
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Bewertung:
Der an der Deutschen Oper Berlin - spätestens seit seinem sensationellen "Aufschlagen" als Kassandra in Iannis Xenakis' Oresteia - zu einem der nahbarsten Publikumslieblinge zählende US-Amerikaner Seth Carico verkörpert derzeit den Don Giovanni an der Oper Köln. Und wenn ich ihn dann jetzt so sehe, scheint es mir, dass er (womöglich) einer der aktuell vorzeigbarsten Don Giovannis ist, mit denen sich ein Opernhaus gern schmücken würde, falls es ihn dann überhaupt erstmal auf das Tableau kriegte; kurzum:
Carico räumt in Cecilia Ligorios lustvoll-körperlicher und zudem (von Daisy Ransom Phillips) durchchoreografierter Inszenierung auf und ab; er kommt als ultimativer Leit-Stier mit sexorgienaffiner Horde [Namen aller Tänzerinnen und Tänzer siehe unten] daher, und die Grundaussage dieser ziemlich maskulinen und gottlob völlig frei von philosophischer Schwere seienden Produktion dürfte der allgemeine Hoch- und Jubelgesang auf die Auslebung sexueller Lust und freier Liebe sein; also solang man jung und schön ist oder so...
Halt was fürs Auge.
Ja und nicht nur der Carico kann sich somit sehen lassen - auch sein ihm gern höriger und allwilliger Konterpart in Gestalt des ebenso grandios aussehenden Adrian Sâmpetrean als Leporello ist die Augenweide an sich - zudem singt er fast noch ein Deut'chen besser als sein Macho-Herrchen, trifft demnach nicht nur bei der Registerarie jedes Tön'chen punktgenau, auch so könnte er glattweg mit Carico tauschen und dessen Partie des sexprotzenden Obermacker eigenständig übernehmen.
Musikalisch punktet die von mir besuchte siebte Aufführung (nach der Premiere Anfang März) durch die fast abenteuerliche Tempo-Vorgabe des tschechischen Dirigenten Tomáš Netopil, die von den alleskönnerischen Profis des Gürzenich-Orchester Köln willig umgesetzt wird; das sängerische Personal des von mir kurzbesprochnen Abends hat dann allerdings (in Ausnahmen freilich nur) Probleme, mit dem Durchgehetztsein einigermaßen Schritt zu halten.
Sängerisch enttäuschend ist der von Mozart adäquat austariere "Frauenanteil" seiner lustigen Endzeitoper: Weder dass mich Emily Hindrichs (als Donna Anna) noch Judith van Wanroij (als Donna Elvira) stimmlich überzeugen konnten; sie treffen zwar i.d.R. alle Töne sauber und ordentlich, ihre andauernde und sich letztlich total langweilig anhörende Vibriererei nervte mich allerdings ganz ungemein.
Allein Maria Koroleva (als Zerlina) - und mit ihr der, so wie sie, ganz unverbraucht herüberkommende Wolfgang Stefan Schwaiger (als Masetto) - erfreuten meine Ohren, Augen und schlussendlich mein Gemüt.
Im Ganzen: kurzweilig und sexy.
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Don Giovanni an der Oper Köln | Foto (C) Sandra Then
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Andre Sokolowski – 29. März 2025 ID 15207
DON GIOVANNI (Staatenhaus, 28.03.2025)
Musikalische Leitung: Tomáš Netopil
Inszenierung: Cecilia Ligorio
Bühne: Gregorio Zurla
Kostüme: Vera Pierantoni Giua
Choreographie: Daisy Ransom Phillips
Licht: Andreas Grüter
Chorleitung: Rustam Samedov
Dramaturgie: Svenja Gottsmann
Besetzung:
Don Giovanni … Seth Carico
Donna Anna … Emily Hindrichs
Don Ottavio … Dmitry Ivanchey
Komtur … Christoph Seidl
Donna Elvira … Judith van Wanroij
Leporello … Adrian Sâmpetrean
Masetto … Wolfgang Stefan Schwaiger
Zerlina … Maria Koroleva
Luca Marcossi, Hammerflügel
Tänzerinnen und Tänzer: Miriam Karpf, Hyunki Kim, Lieselotte Kons, Hannah Kruse, Evaldo Melo, Christian Meusel, Geraldine Rosteius, César José Gutiérrez Salas, Nathan Stearns und Natalia Stellmach
Chor der Oper Köln
Gürzenich-Orchester Köln
Premiere an der Oper Köln: 9. März 2025
Weitere Termine: 30.03./ 06.04.2025
Weitere Infos siehe auch: https://www.oper.koeln
https://www.andre-sokolowski.de
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