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CD-Kritik

Darius

Milhaud als

Liedkomponist





Bewertung:    



Beim Kunstlied existiert eine deutliche Hierarchie. Ganz oben stehen Schubert, Schumann und Hugo Wolf. Erst danach folgen die zahlreichen Komponisten der Gattung, Loewe, Brahms, Mahler, Schönberg vielleicht. Aber kennen Sie ein Lied von Darius Milhaud?

Darius Milhaud (1892-1974) gehört neben Arthur Honegger, Francis Poulenc, Georges Auric, Louis Durey und Germaine Tailleferre zur sogenannten Groupe des Six, die um 1920 im Schatten von Erik Satie und auch durch damals „unerhörte“ Einflüsse des Jazz Schlagzeilen machte. Milhaud hat neben haufenweise Orchester- und heute größtenteils vergessenen Bühnenwerken auch eine beachtliche Zahl von Liedern geschrieben.

Der Bariton Holger Falk hat, begleitet von dem Pianisten Steffen Schleiermacher, gleich zwei CDs mit Melodies & Chansons des eigenwilligen Komponisten aufgenommen, von denen viele weniger als eine Minute dauern. Die Texte stammen von den führenden Dichtern jener Jahre und der vorausgegangenen Jahrzehnte wie Paul Claudel, Jean Cocteau, Paul Verlaine oder Stéphane Mallarmé, aber auch von nicht französischen Poeten wie Rilke oder Byron.

Aus dem Rahmen fallen die fünf Chants Populaires HébraÏques, die geeignet sind, die übliche Verwechslung der von der osteuropäischen Musik beeinflussten jiddischen Folklore mit dem synagogalen Gesang in hebräischer oder aramäischer Sprache zu korrigieren. Beide Traditionen sind auf Umwegen zu Milhaud gelangt, der seinen Liedern französische Übersetzungen zugrunde legt.

Auf der zweiten CD ergänzt Falk die Milhaud-Stücke mit 24 Liedern seiner Kollegin Germaine Tailleferre. Man muss lange suchen, um Aufnahmen ihrer Musik zu finden.

Beeindruckend ist, wie Holger Falk, auch in sehr kurzen Liedern, von einer Stimmung, von zärtlich-sanft über kraftvoll auftrumpfend bis schelmisch übermütig, und von einer Klangfarbe in die andere wechselt. Mit Tailleferre, aber auch mit Darius Milhaud setzt er seine verdienstvollen Bemühungen fort, das Repertoire zu erweitern und an Komponisten zu erinnern, die im Konzertbetrieb gar nicht oder nur stiefmütterlich wahrgenommen werden.



Thomas Rothschild – 28. November 2023
ID 14499
Mélodies & Chansons Vol. 1
Mélodies & Chansons Vol. 2


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