Barock für
unsere Zeit
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Bewertung:
Der diametrale Gegensatz zur Werktreue und zur Originalklangbewegung: Seit Jacques Loussier, den Swingle Singers und Wendy Carlos alias Walter Carlos gibt es unzählige Versuche, die Musik des Barock für unsere Gegenwart zu retten. Die Uminstrumentierung ist dabei nur eines von mehreren Mitteln.
Jetzt hat ein polnisches Ensemble unter dem Titel #LetsBaRock eine atemberaubende CD herausgebracht. Rückgrat der Aufnahme ist der 1990 geborene formidable Countertenor und von Haus aus Opernsänger Jakub Józef Orliński mit Texten in italienischer, englischer und polnischer Sprache. Ihm zur Seite stehen Aleksander Dębicz, neben Orliński Gründer der Gruppe, am Klavier, Wojciech Gumiński an Kontrabass, Bassgitarre und Moog-Synthesizer, Marcin Ułanowski am Schlagzeug und, in einem Titel, die neuseeländische Opernsängerin Madison Nonoa.
Ihren Anteil an der „Modernisierung“ des Barock haben Artrock, Jazz (stellenweise fühlt man sich an die Blüte des polnischen Jazz in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts erinnert) und in einer Toccata sogar Rap. Neben Kompositionen von Monteverdi (auch der Barock hat seine Vorläufer), Purcell, Händel, Vivaldi, Francesco Nicola Fago und dem Gitarristen Piotr Banach (Jahrgang 1965) von der Gruppe Hey liefern drei Eigenkompositionen von Aleksander Dębicz, der auch alle Stücke arrangiert hat, das Material.
Aufgenommen wurde die CD in London. Als Opernsänger, aber auch als Breakdancer ist Orliński mit großem Erfolg in vielen Ländern aufgetreten, sogar bei der Eröffnung der Olympiade in Paris. Ob das reicht, diesem aparten Projekt, das die Radioredakteure wohl an der Herausforderung der Einordnung – Händel und Synthesizer, Kontrapunkt und Swing? – verzweifeln lässt, die wünschenswerte Aufmerksamkeit zu sichern? Es wäre ihm zu wünschen. Und einmal mehr kann es Zorn erregen, dass man hierzulande, nicht erst heute, so viel weniger Interesse an der polnischen (der tschechischen, der serbischen) Musik hat als an jeder Konserve, auf der USA steht. Wer erinnert sich an Zbigniew Namysłowski, an Jan Wróblewski, an Jan Komeda, an Niemen? Aber Taylor Swift! Ahhh!
Thomas Rothschild – 27. September 2024 ID 14939
https://www.qrious.de/
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