Schostakowitsch
kammermusikalisch
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Nach dem Tod Ludwig van Beethovens galt es weitgehend als ausgemacht, dass es nach dessen gigantischem Output nicht mehr möglich sei, Symphonien zu schreiben. Den Gipfel könne man nicht mehr erreichen, geschweige denn überschreiten. Schubert und Mendelssohn-Bartholdy, Schumann und Bruckner, Brahms, Tschaikowski und Dvořák haben dann im 19. Jahrhundert, jeder auf seine Art, diese These widerlegt. Gustav Mahler hat die Gattung dann ins 20. Jahrhundert hinübergerettet und zu einem neuen Höhepunkt gesteigert. Der wohl bedeutendste, wenngleich nicht immer und von allen als solcher anerkannte Symphoniker des vergangenen Jahrhunderts wurde Dmitri Schostakowitsch. Ob seiner umfangreichen symphonischen Produktion, die mittlerweile zum Kernrepertoire auch des deutschen Konzertbetriebs gehört, wird das kammermusikalische Werk des überaus fleißigen Komponisten gelegentlich übersehen. Dazu zählen nicht weniger als 15 Streichquartette, ebenso viele wie seine Symphonien.
Die Deutsche Radio Philharmonie des Saarländischen Rundfunks, das Ergebnis einer Fusion wie das SWR Symphonieorchester, hat, dirigiert von ihrem Leiter, dem Finnen Pietari Inkinen, das 1. und das 8. Quartett in der Bearbeitung von Rudolf Barshai für Streicher und Celesta beziehungsweise für Streichorchester aufgenommen. Rudolf Barshai (auch als Barschai transkribiert) gehörte zu den hervorragenden Musikern der Sowjetunion. Er war ein erstklassiger Geiger und Bratscher und langjähriger Leiter des famosen, im Stehen musizierenden Moskauer Kammerorchesters, ehe er nach Israel emigrierte und schließlich im Alter von 86 Jahren in der Schweiz starb. Bei Schostakowitsch, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband, studierte er Komposition. Seine Bearbeitung des 8. Streichquartetts hat Schostakowitsch unter der Nummer 110 in sein Werkverzeichnis aufgenommen.
Ergänzt werden die beiden Kammersinfonien durch ein Konzert mit der ungewöhnlichen Besetzung für Klavier, Streichorchester und Trompete. Alle Stücke bestechen durch die gleichen Qualitäten wie Schostakowitschs Symphonien: den Reichtum an teils komplexen, teils schlichten musikalischen Einfällen, die enge Verzahnung von unterschiedlichen Rhythmen, die kontrastreiche Dynamik, auch die Häufung von Zitaten, bei denen sich freilich fragt, ob sie von den Zuhörern erkannt und entschlüsselt werden. Die Kompositionen bewähren sich, weil sie auch ohne solche Detektivarbeit, ohne eine übertriebene Semantisierung bestehen können.
Thomas Rothschild – 1. Februar 2023 ID 14029
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Schostakowitschs Kammersinfonien u.a.
Post an Dr. Thomas Rothschild
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