Schwelgerisch
und
schwermütig
schmachtend
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Bewertung:
Schmalzig lockt bereits das Artwork mit einem Augenzwinkern: Der flämische Musiker Maarten Devoldere zeigt sich, mit weit geöffneten Hemd, schneidig am Lenker eines Holland-Bikes. Auf der Plattenrückseite und im Booklet posiert er dann rückwärtig oben ohne, vertieft in kompositorische Arrangements an einem Schreibtisch. Der 36-Jährige, Frontmann der international bekannten Genter Band Balthazar, veröffentlichte seit 2016 Solo-Alben unter dem Namen Warhaus und tourt mit seinem Solo-Projekt auch im kommenden Jahr wieder. Kriegerisch geht es auf den Alben nicht zu; es überwiegen poppige, soulige, zuweilen auch meditative Melodien.
In der vierten Warhaus-Platte KARAOKE MOON, vor wenigen Wochen beim Label Pias erschienen, schwebt über den meisten Songs geschmeidig viril der präsente, warme, dunkle, mitunter rauchig-heiser klingende Sprechgesang Devolderes. Beim Hören der Platte denkt man mitunter an das Geraune namhafter Chansonniers wie Serge Gainsbourg, Leonard Cohen oder Nick Cave. Ferner könnten weitere Pop-Ikonen zu den Vorbildern des Künstlers gehören. Im Song The winnig numbers heißt es so: „David Bowie had ages before you“. Der vierte Song ist nach dem legendären Doors-Sänger Jim Morrison benannt, mit dem sich der Belgier in den dazugehörigen Lyrics selbstverliebt vergleicht. Devoldere widmet sich auch hier – wie bei vielen der vorliegenden Tracks – ironisch frotzelnd, der eigenen männlichen Selbstverständlichkeit. Er bedient dabei lustvoll Klischees, wenn es etwa heißt: „Hair grew in places where it was not supposed to grow/ I wanted to be mature but not so mature that it would show/ It takes a man to love you baby...“
Bereits im flirtigen Opener Where the names are real verwendet Songpoet Devoldere vieldeutig provokant Worte wie „strip club“, „pornography“ oder „fuck“. Hier erinnert das einsetzende Intro mit leichten, hellen, langgezogenen Chor-Melodielinien auf den Vokal „u“ anfangs ein bisschen an das chorische Motiv in Cold little heart von Michael Kiwanuka.
Lasziv und lässig-markant schwebt über dem Ganzen der unbeschwerte Bariton des Warhaus-Frontmanns. Im Booklet werden neben ihm dreizehn beteiligte Musiker an der Platte benannt, von denen insbesondere Multi-Instrumentalist Jasper Maekelberg hervorzuheben ist. Der 35-Jährige verantwortete als Produzent von KARAOKE MOON auch die Arrangements und den Sound-Mix. Die Künstlerin Sylvie Kreusch, Ex-Freundin und langjährige Duettpartnerin Devolderes, sorgt, wie in Vorgänger-Alben, neben Billie Leyers für zurückhaltende, sanft oder rhythmisch gehauchte Backing Vocals bei Songs wie No surprises oder Zero One Code. Der fünfte Track Jackie N. ist ein kontemplatives Piano- Instrumentalstück. Devoldere und seine Warhaus-Besetzung garnieren die vielschichtig-komplexen Songs detailreich mit geschmeidigen Basslinien, pulsierenden Synthesizern, Orgel-Klängen, passgenauen Gitarren-Einsätzen, Streicher-Akzenten und schmuckvollen Backgroundchören. Insbesondere der siebte Track Hands on a clock verbreitet dabei eine Theatralik von Intensität.
Insgesamt erscheinen die Harmonien auf KARAOKE MOON genau räsoniert, atmosphärisch stil- und stimmungsvoll. Eine im Großen und Ganzen mitreißende, kunstvoll pulsierende, über 43-minütige Platte.
n. k. - 19. Dezember 2024 ID 15071
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