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CD-Kritik

Porträt eines

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1996 und 1999 gab es im Wiener Konzerthaus und im benachbarte feudalen Musikverein zwei ungewöhnliche Konzerte. Sie waren dem Komponisten Hanns Eisler gewidmet und zusammengestellt von HK Gruber, dem Komponisten, Musiker und bewährten Kenner und Verehrer Eislers. Das Besondere daran: sie trennten, zusammen gehört, den Eisler der Kampflieder, den politischen Künstler, der seine Fähigkeiten in den Dienst der Arbeiterbewegung gestellt hat, nicht von dem Komponisten avantgardistischer Orchestermusik, sondern würdigten den Schüler Schönbergs und Weggenossen Brechts in seiner Ganzheit.

Wer von Hanns Eislers Liedern spricht, muss den Namen Ernst Busch nennen. Der „Barrikaden-Tauber“ war der kongeniale Interpret dieser Lieder und für sie so einzigartig wie Dietrich Fischer-Dieskau für die Schubert-Lieder. HK Gruber singt die bekanntesten Songs aus dem Repertoire von Ernst Busch, Vertonungen von Texten Bertolt Brechts, Kurt Tucholskys, aber auch David Webers Stempellied und dessen Ballade vom Nigger Jim, und er übernimmt Ernst Buschs Gesangstechnik bis hin zur Imitation. Dass das gewollt ist, erkennt man im Vergleich mit den Vertonungen von Couplets aus Nestroys Höllenangst. Da nämlich wechselt Gruber in den überlieferten Stil und Ton der wienerischen Couplet-Tradition. Von ihnen wiederum unterscheiden sich musikalisch wie im Vortrag die frühen atonalen Lieder zu Texten aus Christian Morgensterns Palmström.

Auf der zweiten CD der jetzt erschienenen Eisler-Box findet man, gespielt vom Klangforum Wien, zweieinhalb Suiten für Orchester, in denen man auch wiederum mehrere umarrangierte Lieder entdeckt, darunter das berühmte Solidaritätslied aus dem Film Kuhle Wampe. Den Abschluss bildet eine Entdeckung: Musik zum gereimten Epilog aus den Letzten Tagen der Menschheit von Karl Kraus, der heute erschreckend aktuell klingt. Sprecher ist der Schauspieler Wolfram Berger, für die Musik ist das zweite neben dem Klangforum seit Jahrzehnten auf zeitgenössische Musik spezialisierte Wiener Ensemble, die reihe, zuständig.

Das Beiheft enthält neben einem ungewöhnlich ausführlichen Text über Hanns Eisler und die eingespielten Werke die Texte der Lieder. Es lohnt sich, sie zu studieren. Hanns Eisler war zu intelligent und zu belesen, um sich mit Schmarren zufrieden zu geben.

P.S.: Wenn es einen Preis für das hässlichste CD-Cover gibt, ist dieses ein Anwärter.


Thomas Rothschild – 26. März 2022
ID 13540
Capriccio-Link zur Eisler-CD


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