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CD-Kritik

In Oistrachs

Schatten





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Kaum vorzustellen, dass zwischen der Entstehung des ersten Violinkonzerts von Dmitri Schostakowitsch und dessen Uraufführung acht Jahre vergangen sind. Der bedeutendste russische Komponist des 20. Jahrhunderts hat danach nur noch ein Violinkonzert geschrieben.

Das erste Violinkonzert fängt mit einem elegischen Nocturno an, das die Tempobezeichnung Moderato trägt. Der zweite Satz kommt dann übermütig grotesk daher und mutet an, als sei er um Jahrzehnte später entstanden. Auf das Scherzo folgt eine fast zweieinhalb Mal so lange zunächst pathetische, dann wiederum elegische Passacaglia, die in eine weitschweifige Solokadenz mündet. Das viersätzige Concerto, dessen ungewöhnliche Struktur an eine Symphonie denken lässt, schließt mit einer kurzen Burleske.

Der Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Violinkonzert, zwischen deren Entstehung 20 Jahre liegen und die beide dem großen David Oistrach gewidmet sind, ist gewaltig. Beim zweiten Konzert setzt Schostakowitsch auf atemberaubende Dramatik, auf Irritationen eines Harmoniebedürfnisses, das noch dem 19. Jahrhundert anzugehören scheint.

Einen Mangel an Aufnahmen der Violinkonzerte kann man nicht monieren. Für Geiger aus Russland gehören sie zum Pflichtprogramm. Fast keiner wollte darauf verzichten, mit David Oistrach, der sie zwischen 1956 und 1973 mehrfach aufgenommen hat, zu wetteifern. Die 34jährige russisch-tatarische, in England lebende Alina Ibragimova, die schon rund zwei Dutzend CDs, vorwiegend mit Werken aus dem klassischen Kernrepertoire, aber auch aus der Peripherie aufgenommen hat, überzeugt nicht nur durch ihre makellose Technik, sondern auch durch ihren energischen Strich. Sie scheint mit ihrem Instrument zu singen, mal schelmisch kraftvoll, dann wieder schwermütig klagend. Sie arbeitet die Kontraste, mit denen Schostakowitsch die Teile von einander absetzt, deutlich heraus, forciert die Stimmungsumschwünge innerhalb einzelner Sätze – besonders frappierend im ersten Satz des zweiten Violinkonzerts.

Aufgenommen wurden die Violinkonzerte in Moskau mit dem seit 1936 bestehenden Staatlichen Akademischen Sinfonieorchester Russlands „Jewgeni Swetlanow“ unter seinem Leiter Vladimir Jurowski.



Thomas Rothschild – 4. Juni 2020
ID 12280
Hyperion-Link zu den Violinkonzerten von Schostakowitsch


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