Musik als Kampf
Zum Tod von Mikis Theodorakis
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Mikis Theodorakis (2004) | Foto: Guy Wagner; Bildquelle: Wikipedia
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Die Symbiose von Kunst und Politik wird oft eingefordert. Aber sie ist nichts weniger als selbstverständlich. Die Gegner solch einer Verbindung argumentieren, dass es der Kunst nur schaden könne, wenn sie sich in den Dienst einer Idee, insbesondere einer politischen stelle, wenn sie gar in die politische Praxis eingreifen wolle. Die Verführung zur allgemeinen Verständlichkeit, die Wirksamkeit erst ermöglicht, gehe auf Kosten des ästhetischen Anspruchs.
Dennoch gibt es in der Geschichte zahllose Beispiele für eine Einheit von künstlerischer und politischer Avantgarde. Majakovskij und Brecht ließen sich nennen, Eisenstein und Joris Ivens, Hanns Eisler und Nono oder Henze, Léger und Siqueiros.
Zur musikalischen Avantgarde kann man Mikis Theodorakis nicht rechnen. Mit seinem Rückgriff auf die griechische Folklore muss man ihn eher als Traditionalisten bezeichnen. Aber die glaubwürdige Symbiose von Kunst und Politik hat er über Jahre hinweg wie nur wenige realisiert.
Wer in den siebziger Jahren miterlebt hat, wie er mit seinen Musikern und Sängern, allen voran der charismatischen Maria Farantouri, in überfüllten Hallen vor seinen Landsleuten aufspielte, die vor der faschistischen Militärdiktatur ins Ausland geflüchtet waren, der kann bezeugen, welch identitätsstiftende und ein Gemeinschaftsgefühl beschwörende Kraft seiner Musik innewohnt. Sie machte Mut, half, den Schmerz des Exils zu überwinden. Das war Volksmusik im emphatischen Sinn des Wortes.
Theodorakis wurde damals zum Symbol des antifaschistischen Widerstands. Politisches Handeln und künstlerische Produktion waren für ihn eins und dasselbe. Als er sich später, nach dem Ende der Junta, von seinem politischen Standort und von seinen einstigen Weggefährten entfernte, versank er allmählich auch künstlerisch in der Bedeutungslosigkeit.
Die weniger politischen Zeitgenossen in aller Welt kennen Theodorakis vor allem als Filmkomponisten, namentlich als den Sirtaki-Lieferanten für Alexis Sorba. Diese Musik hat Schlagerstatus. Sie vereint, wie viele kleine Stücke von Theodorakis, Einfachheit mit Suggestivität. Sie verlockt, wie ein Perpetuum Mobile, zur endlosen Fortsetzung. Verglichen mit seinen tänzerischen oder auch melancholischen Liedern und Rembetika-Nachahmungen blieben die Versuche des Griechen, sich auf dem Gebiet der großen Form zu etablieren, eher erfolglos. Für seine Rolle in den Jahren der Diktatur ist er bereits in die Geschichte eingegangen. Heute ist Mikis Theodorakis im Alter von 96 Jahren gestorben.
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Thomas Rothschild – 2. September 2021 ID 13116
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