Christiankind stampft trotzig auf
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Ein einziges und überwältigendes Mal habe ich Christian Thielemann, wie er noch an der Deutschen Oper in der Bismarckstraße dirigierte, als genial empfunden: in Puccinis Mädchen aus dem goldenen Westen, das als Start zu einer ganzen Serie mit Puccini's unter Thielemann gedacht gewesen war; doch hierzu kam es ja nun nicht/ nicht mehr. Wie er da seiner Zeit das Mädchen so versensibilisiert und duftig in die Höhe steigen ließ, wird unvergesslich bleiben. Und allein schon dafür, für "sein" damaliges Mädchen, mochte ich ihn sehr.
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Und worin unterscheiden sich die Münchner Philharmoniker von ihren Musikerkollegen
in Berlin? Im Klang! Natürlich, worin sonst. Den einen könnte man als deutsch, um nicht zu sagen ur-deutsch abstempeln - den anderen vielleicht als (sagen wir es so:) kosmopolitisch. Anders ausgedrückt: Im Münchner Gasteig musiziert man diese Spielzeit musealer Weise die "3 B" und Pfitzner, Strauss und Wagner - im Scharoun-Bau kann und will man sich dem Neueren und Neuen nicht verschließen.
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Die Vorspiele zu Pfitzners Palestrina sowie Bruckners Siebente umfassten das Tourneeprogramm der Münchner Philharmoniker, mit dem sie nun auch in Berlin Station (mit Heimvorteil für ihren neuen Chef) zu machen pflegten. Auffiel nur: Die jeweiligen Mittelsätze liegen Thielemann am allernächsten. Hier entherrscht, entschlackt er sich. Da kriegt man frische Luft vom Podium zugeweht, dass es mitunter richtig zieht. Wogegen Thielemann dann in den ersten beiden Bruckner-Sätzen einen zähflüssigen Schönheitsbrei zu rühren sich in unerträglicher Unendlichkeit bemüht. Der "einheimische" Jubel war enorm; und Christian freute sich nicht schlecht und stampfte hinterher, wie'n Lausbub, freudig-trotzig aufs Podest.
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Zwei Schostakowitsch-Sinfonien (1./15.) gab es sonntags vorher. Schwer auszumachen, welche der zwei Werke einen nachhaltigeren oder bedenklicheren Eindruck hinterließen. Simon Rattle dirigierte die Berliner Philharmoniker beherzt und hemdsärmlig. Es ist ja - beim Vergleich der beiden Sinfonien, die für Schostakowitsch Anfang sowie Ende seines Komponistenlebens darstellten - kaum fassbar, wie unmerklich sich der schöpferische Sprung über Jahrzehnte seines Schaffens an dem dargebrachten Doppelbeispiel ausnahm.
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Andre Sokolowski - 14. November 2006 ID 2793
BERLINER PHILHARMONIKER (Philharmonie Berlin, 13.11.2006)
Dmitri Schostakowitsch: Symphonie Nr. 1 f-Moll op. 10
- Symphonie Nr. 15 A-Dur op. 141
http://www.berliner-philharmoniker.de
MÜNCHNER PHILHARMONIKER (Philharmonie Berlin, 14.11.2006)
Hans Pfitzner: Vorspiele zum 1., 2. und 3. Akt der musikalischen Legende Palestrina
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 7 E-Dur
http://www.mphil.de
http://www.andre-sokolowski.de
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