Wagner, Wagner und kein Ende... (200. Geburtstag)
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Bibelstunden
unter
Zeitlupe
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Premierenmotiv zu Parsifal an der Deutschen Oper Berlin - Motiv (c) Stan Hema
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Parsifal ist langweilig - dieses vor allem!
Seit die Stücktexte vom Dichterkomponisten mittels Übertitelungen nachzulesen sind - ein bildungsbürgerliches Muss - ist an dem Einwand (s.o.) überhaupt nicht mehr zu zweifeln; dieser Text, im ganz Besonderen (also vom Parsifal der), liest sich einfach Scheiße; Punkt.
Das war dem Regisseur der neuen Produktion der hundert Jahre alt gewordnen Deutschen Oper Berlin (Parsifal, in Co-Regie mit Mara Kurotschka) ganz sicher voll bewusst gewesen. Philipp Stölzl - der vor ein paar Jahren schon eine untoppbare Rienzi-Sicht am gleichen Hause vorstellte - sagte sich; und jetzt spekulieren wir: Wenn schon der Text zum Gähnen ist, wie sollte ich ihn da wohl jetzt erweckend darstellen; auch die Musik ist ja ein unendlicher Grabgesang, außer vielleicht im II. Akt die kurzen Klingsor-Aufmunterer oder so...
Also entschloss er sich, das sogenannte Bühnenweihfestspiel des Parsifal von Richard Wagner szenisch zusätzlich noch zu verlangsamen und in die Länge hinzuziehen - unter Zeitlupe machte er das und schuf Choreografien oder/und Standbilder (Standfotografien) unvergesslich schöner sowie einprägsamer Art! Sensationell!
Der ganze Bibel-Kram, den Wagner privatim für seinen Bühnenweihfestspielzweck "nutzte" und/oder missbrauchte, wird bei Stölzl aneinanderreihend zum Zitat... Und wir befinden uns gleichsam in der Gemäldegalerie für Alte Meister, wo wir diesen oder jenen Riesenschinken zu dem Thema in gebührlicher Distanz betrachten und uns an den Farben oder Formen, die die Meister für ihre Motive wählten, freuen und ergötzen.
Dieser Ansatzpunkt, der unendlichen Langsamkeit des Parsifal in künstlerischer Weise zu begegnen, schien uns rundum und grandios geglückt.
Erst dachten wir sogar: Klaus Florian Vogt (als Parsifal), der als der Einzige im I. Akt neuzeitliche Klamotten trägt, gerät in eine Welt des pappmachéartigsten Bühnenzaubers - die Kulissen (Bühne: Conrad Moritz-Reinhardt / Philipp Stölzl) sind absichtlich allerübelsten Kalibers - , wo "die Anderen", also die zwischenzeitlich dort verweil(t)en, irgend so ein schäbiges Theater spielen; und wir schlossen schon, dass es sich bei den dort Versammelten vielleicht um eine Sekte handeln könnte, also um Personen, die sich zwischen Fantasie/Realität nicht richtig orten konnten oder können. Doch im III. Akt dann waren allesamt in diesem neuzeitlichen Outfit, aber immerhin noch mittendrin in diesem Pappmaché - - was war da los?? Wir fanden keinen Schlüssel.
Musikalisch ließ der überlange Abend keine Wünsche offen:
Donald Runnicles tat seinen Parsifal auf das Extremste zelebrieren, das Orchester der Deutschen Oper Berlin "gehorchte" ihm "aufs Wort"; der Chor (Choreinstudierung: William Spaulding) feierte schon wieder Sternstunden. / Matti Salminen (Gurnemanz) bewies mal mehr, dass er zu den noch lebenden Legenden, nicht nur dieser unverschämt-unendlich langen Rolle, zählt. / Thomas Johannes Mayer (Amfortas) überzeugte stimmlich/gestisch in der psychisch kompliziertesten der Stück-Rollen des Werkes. / Evelyn Herletzius (Kundry) hat zwar nicht die sinnliche Präsenz von Waltraud Meier, aber ihre aufbrausende Impulsivität ist schon erstaunlich. / Albert Pesendorfer (Titurel) gibt seiner Randrolle bestechendes Gewicht. / Thomas Jesatko (Klingsor) kann nicht mehr aus diesem Typen machen, weil der Wagner nich viel mehr an Stimme und Gestaltung für ihn vorsah. / Blumenmächen, allesamt: vom Allerfeinsten!!!
Buhs und Bravi.
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Andre Sokolowski - 22. Oktober 2012 ID 6283
PARSIFAL (Deutsche Oper Berlin, 21.10.2012)
Musikalische Leitung: Donald Runnicles
Inszenierung: Philipp Stölzl
Co-Regie: Mara Kurotschka
Bühnenbild: Conrad Moritz Reinhardt / Philipp Stölzl
Kostüme: Kathi Maurer
Licht: Ulrich Niepel
Chöre: William Spaulding
Kinderchor: Christian Lindhorst
Besetzung:
Amfortas ... Thomas Johannes Mayer
Titurel ... Albert Pesendorfer
Gurnemanz ... Matti Salminen
Parsifal ... Klaus Florian Vogt
Klingsor ... Thomas Jesatko
Kundry ... Evelyn Herlitzius
u. a.
Chor der Deutschen Oper Berlin
Kinderchor der Deutschen Oper Berlin
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Opernballett der Deutschen Oper Berlin
Premiere war am 21. Oktober 2012
Weitere Termine: 25., 28. 10., 4. 11. 2012 / 12. 1., 29. 3., 1. 4. 2013
Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
Zu den 20 EXEMPLARISCHEN WAGNERKRITIKEN
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