22. September 2012 - WERKSTATT im Schiller Theater
R. HOT BZW. DIE HITZE
Opernphantasie von Friedrich Goldmann
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Szene aus Friedrich Goldmanns R. Hot bzw. die Hitze in der Werkstatt des Schiller Theater - Foto (C) Stephanie Lehmann
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Hatte Friedrich Goldmann (1941-2009) ein Vaterproblem? Oder was war es dann, was ihn dazu bewog, den Engländer - das letzte Drama von Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792), der seinerseits ein solches (= Vaterproblem) hatte und es mittels seines Stückes kompensierte - zu vertonen?? Gibt es da vielleicht geheimes Material, das uns darüber nachträglicher Weise aufklärt???
R. Hot bzw. die Hitze heißt das Stück, und es ist Goldmanns einziges Musiktheater - nein, mehr Opern hatte er dann nicht geschrieben. In der Deutschen Staatsoper Berlin hatte es 1976 seine Uraufführung; das ist über 35 Jahre her. Auch hatte Goldmann, der dann außer Komponist auch Dirigent war, an dem Traditionshaus ab und zu mal dirigiert; z. B. Moses und Aron in der legendären Berghaus-Inszenierung... Gut auch möglich, dass den allzu früh Verstorbenen paar Musiker der Staatskapelle aus der Zeit noch kennen. War und ist es also eine nachträgliche Sympathiebekundung für den Komponisten, derentwegen jetzt - zum Start der neuen WERKSTATT-Spielsaison - R. Hot bzw. die Hitze wiederholt betrachtet und gemacht sein wollte?
Vor drei Jahren kam es schon einmal zu einer Werkreprise im Konzerthaus am Gendarmenmarkt; das dortige Opernstudio im Werner-Otto-Saal tat sich für sie besonders engagieren - der Dichter Alban Nikolai Herbst (der einen lesenswerten Blog im Internet herausgibt) hatte diese Aufführung besucht und wunderte sich "damals" schon, weswegen sie dann überhaupt zustande kam: "Wozu, Leute? Die Etats für die Kunst werden so sehr gekürzt, weshalb da diesen Goldmann machen? Aus politischer Sentimentalität? Die DDR ist weg, kapiert es endlich. Und es gibt derart viele junge Komponisten, und auch alte, zwischenalte, doch unbekannte, die solch ein Forum brauchten und es zeitgemäß zu füllen wüßten: so daß wir erschüttert oder wütend oder glücklich hinausgingen und mit Erkenntnissen, die nicht ins Museum gehören." (Quelle: Die Dschungel. Anderswelt.)
Jedenfalls: Nach den zwei Stunden gestern Abend (Inszenierung: Isabel Ostermann) sollte auch ich auf diese oder irgendwelche andere mich piesackende (Vater-Sohn-)Fragen null Antwort finden...
Gesungen sowie musiziert wird freilich exzellent!
Was Torsten Süring (Robert Hot) geleistet hat, verdient Respekt und menschliche Bewunderung. Er muss fast ohne Pause singen, singen, singen... Ein nicht unwesentliches Indiz dafür, wie "ökonomisch" schlecht die Partitur geraten ist, wie sie mit den Ressourcen ihrer Auszuführenden Raubbau betreibt! / Narine Yeghiyan (Prinzessin Carignan) agiert aufgrund des eingegipsten linken Beines, wegen eines Fahrradunfalls, von der Seite aus und macht das großartig! / Mit Markus Hollop (Lord Hot) und Reiner Goldberg (Lord Hamilton) sind die zwei Übervater/Überonkel angemessen stark besetzt. / Schauspiel-Eleve Nils nervt durch das Aufsagen etlicher ellenlanger und von seiner Regisseurin sinnlos-breit in das Geschehene hineingepresster O-Zitate Meinhofs, Härtlings, über Götz von Berlichingen oder einer Plenzdorf-Endlosschleife aus Die neuen Leiden des jungen W.
Max Renne dirigiert die sieben MusikerInnen (s. u.)
Ein kalt lassender Härtetest fürs Sitzfleisch.
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R. Hot bzw. die Hitze in der Werkstatt des Schiller Theater - Foto (C) Stephanie Lehmann
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Andre Sokolowski - 23. September 2012 ID 00000006226
R. HOT BZW. DIE HITZE (Werkstatt im Schiller Theater, 22.09.2012)
Musikalische Leitung: Max Renne
Inszenierung: Isabel Ostermann
Bühne: Stephan von Wedel
Kostüme: Jana Bechert
Licht: Irene Selka
Dramaturgie: Katharina Winkler
Besetzung:
Robert Hot, ein Eng-länder ... Torsten Süring
Lord Hot, sein Vater ... Markus Hollop
Lord Hamilton, dessen Freund ... Reiner Goldberg
Prinzessin von Carignan | Eine Buhlerin ... Narine Yeghiyan
Ein Major, in sardinischen Diensten | Ein Beichtvater ... Martin Gerke
Peter, Bedienter ... Andreas Neher
Nils ... Nils Strunk
Mit den Instrumentalisten Linda Zanetti (Flöte), Volkmar Besser (Oboe), Matthias Glander (Klarinette), Mathias Baier (Fagott), Matías Piñeira (Horn), Dominik Greger (Kontrabass) und Jenny Kim (Elektronische Orgel)
Premiere war am 22. September 2012
Weitere Termine: 25., 26., 28., 29. 9. / 2., 6., 8. 10. 2012
Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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