Rekonstruiert
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Bruckners Neunte (Finale, Kadenz) Foto (C) Benjamin Gunnar Cohrs
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Das muss man sich mal vorstellen: 29 Jahre (!) ihres Lebens haben sich vier Menschen mit dem Schlusssatz aus der Neunten Symphonie von Anton Bruckner (1824-1896) befasst - Nicola Samale, Giuseppe Mazzuca, John Phillips und Benjamin-Gunnar Cohrs.
"Als am meisten an Bruckners Skizzen orientierte Rekonstruktion gilt diejenige von Nicola Samale, Giuseppe Mazzuca, John A. Phillips und Benjamin Gunnar Cohrs, deren erste Fassung in den Jahren zwischen 1983 und 1985 entstand und die seitdem immer wieder anhand neuer Skizzenfunde aktualisiert wurde. Phillips konnte insbesondere nachweisen, dass es sich bei dem erhaltenen Material um eine von Bruckner sorgsam durchnummerierte 'Autograph-Partitur im Entstehen' handelt. Den Forschungen zufolge war im Mai 1896 der Satz in der Primärstufe der Partitur (Streicher eingetragen; Skizzen für Bläserstimmen) fertig komponiert. Die Exposition war gänzlich fertiggestellt. Allerdings sind von der Partitur heute gut die Hälfte der endgültigen Bogen verlorengegangen. Der Ablauf der Lücken lässt sich jedoch zu einem großen Teil aus ausgeschiedenen, gleichwohl wenig veränderten früheren Versionen einzelner Bogen und umfangreichen Particellskizzen wiederherstellen. Die heute erhaltenen Reste der Partitur brechen kurz vor Eintritt der Coda mit dem 32. Bogen ab; die Skizzen enthalten jedoch das Verlaufsgerüst der Coda bis in die letzte Kadenz hinein. Die entsprechende Skizze für den 36. Bogen enthält noch die ersten acht Takte des zweifellos finalen Tonika-Orgelpunktes..." - lesen wir bei Wikipedia.
Und es müsste selbstverständlich jetzt und hier noch seitenweise über dieses Ausnahmeprojekt geschrieben und gefachsimpelt werden...
Auf alle Fälle waren die vier Herren gestern Abend (7. Februar) zur Aufführung der "ganzen" letzten Bruckner-Sinfonie zugegen; und sie wurden auch dann - vollkommen zurecht - von Simon Rattle auf die Bühne geholt, um ihren verdienten Beifall, den sie sich mit den Berliner Philharmonikern, die dieses Opus Magnus spielten, teilen konnten, entgegenzunehmen.
Nun gibt es ja solche und solche Dirigenten; die Einen lehnen die Posthum-Bearbeitungen sogenannter "Unvollendeter" strikt ab, die Anderen sind neugierig und offen für das Experimentelle - Simon Rattle zählt zu diesen aufgeschlossenen Vertretern seiner Gilde. Immer wieder atemberaubend, beispielsweise, seine Interpretation von Mahlers "ganzer" Zehnter (mit dem von Deryck Cooke rekonstruierten Schlusssatz) - also wer, wenn nicht er, hätte jetzt und hier mit Bruckners "ganzer" Neunter aufwarten sollen?!
Ganz kurz zum Klangeindruck: Vom Stil her sind wir freilich Zeuge eines "echten" Bruckners. Das Finale ist komplex und übersichtlich aufgebaut wie alle seine Sinfonie-Finali. Dieser bei ihm immer wiederkehrende und wiederholende Zusammenfassungsschluss mit Aufgreifung und Variierung aller vorher (in Satz 1 bis 3) vernommenen Motive oder Themen - alles Das scheint folgerichtig auch im Schlusssatz von der Neunten da zu sein... Und trotzdem wirkt es "diesmal" unnahbar und fremd; auch lässt sich - ganz im Gegensatz zu allen anderen Finali - nichts zum Nachsummen behalten; alles wirkt verkompliziert und hat mit einem Mal doch nicht mehr diesen scheinbar tumb-naiven Grad des großartigsten Wiederkäuers aller Tonsetzer - wofür wir Bruckner eigentlich so furchtbar mögen... Ja, markant und einprägsam gerade mal die lichtblendenden Bläserrufe, wie sie ganz zum Schluss so eine Art von Paradies-Eroberung hymnisch flankieren.
Ein doch großer Abend mit einem noch größeren Orchester(apparat) als größtmögliche Leistungsschau!!!
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Andre Sokolowski - 8. Februar 2012 ID 5747
BERLINER PHILHARMONIKER (Philharmonie, 07.02.2012)
Anton Bruckner: Symphonie Nr. 9 d-Moll
mit der nach den Manuskripten vervollständigten
Aufführungsfassung des 4. Satzes
von Samale-Phillips-Cohrs-Mazzuca (1985-2008/rev. 2010)
Berliner Philharmoniker
Dirigent: Sir Simon Rattle
Weitere Infos siehe auch: http://www.berliner-philharmoniker.de
http://www.andre-sokolowski.de
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