Anna Smirnova
als Abigaille
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Nabucco an der Deutschen Oper Berlin - Foto (C) Bernd Uhlig
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Im Jahr 2008 gabs schon mal Verdi-Wochen an der Deutschen Oper Berlin, zwar ohne jeden Anlass, aber (wenigstens und immerhin!) wegen und mit der/den spektakulären Neuenfels-Regien, die das Haus zu dieser Zeit noch hätschelnd pflegen tat; ja und so sahen/hörten wir dann endlich auch diesen so viel gerühmten und besprochenen "Skandal"-Nabucco anno 2000, der uns irgendwie und außerordentlich ganz gut gefallen hatte - schade, dass es diesen Hummel-Hype dann nicht mehr an der DOB zu sehen gibt!
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Jetzt hatte man sich den Regie-Menschen Keith Warner für das ungestüme Jugendwerk von Verdi herverpflichtet; und im lesenswerten Interview mit dem Nabucco- sowie Haus-Chefdramaturg Jörg Königsdorf kommt raus, dass dann der Brite (Warner) durchaus mal für möglich halten würde, dass ein Inszenierer (nach ihm) dieses Stück womöglich gar im Inneren eines Atomreaktors spielen lassen könnte - sind wir eigentlich schon sehr dafür und fragen uns ganz irritiert, warum der Interviewte das nicht gleich an Ort und Stelle selbst so praktizieren tat? Noch irritierter freilich waren wir dann, als wir sahen, was und wie er "seine" Sicht der Dinge zu uns rüber brachte:
Es geht nämlich ziemlich bieder bei ihm zu; ja und die Juden dieser zugegeben wirren Opernhandlung lt. des Textes von Solera [sehr bezeichnend wird ein Alt-Zitat vom alten Dauernörgler Hanslick aus dem Jahre 1843 im Programmheft aufzitiert, wo steht: "Herr Temistocle Solera verdient für sein Libretto einen Kranz von Stechpalmen anstatt des Lorbeers. Er entstellt den biblischen Stoff mit großer Ungeni(e)rtheit; überdies entbehren seine willkürlichen Empfindungen aller inneren Wahrheit und Poesie."] sind allesamt in Biedermeier-Kluft der Ära Moses Mendelssohn (Kostüme: Julia Müller); und da fragt man sich doch glatt, was alles Das - nur um diese Kostümfrage rein kritisch anzumerken - letztlich soll. Wir jedenfalls verstanden's nicht.
Ein durchgeknallter Babylonerkönig (Nebukadnezar = Nabucco) schwingt sich auf, Jerusalem im Namen irgendeines Götzen einzunehmen. Hat zwei Töchter, wovon eine niederigsten Sklavenursprungs ist - selbige (Abigaille) will aber selber als die Babylonerkönigin bald herrschen usw. usf. Am Schluss "siegen" die Juden über diese Ungläubigen, und die Ungläubigen fressen ihnen schließlich aus der Hand oder so ähnlich. Typisch Oper.
Nicht nur musikalisch ist die ganze Chose ein-eindeutig auf die Abigaille-Sängerin Anna Smirnova, die auch das größte Glitzerkleid des Abends trägt, zentrierungsmäßig ausgerichtet - und das ist auch richtig so! Wenn man schon so'ne Röhre zur Verfügung hat: Sie ist, das kann man wohl mit Fug und Recht behaupten, die Obraszowa der aktuellen Neuzeit. Ihre Stimme und ihr Stimmvolumen sind voll atomarer Vorwarnung; ein Mezzo-Alt-Torpedo mit gewummter Durchschlagskraft!! Wenn diese eitellose (Un-)Diva loslegt, wackelt die Wand!! / Das Publikum lag ihr zu Füßen.
Der junge Dirigent Andrea Battistoni heizte das in Verdi-Sachen topp-erfahrene und umso hitziger aufspielende Orchester der Deutschen Oper Berlin zur dauerhaften Höchstform an. Auch der von William Spaulding einstudierte Chor = ein Wonne-Wucht-Gemisch!!! // Bravi.
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Der neue Nabucco an der Deutschen Oper Berlin - Foto (C) Bernd Uhlig
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Bewertung:
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Andre Sokolowski - 13. September 2013 ID 7141
NABUCCO (Deutsche Oper Berlin, 12.09.2013)
Musikalische Leitung: Andrea Battistoni
Inszenierung: Keith Warner
Bühne: Tilo Steffens
Kostüme: Julia Müer
Chöre: William Spaulding
Dramaturgie: Jörg Königsdorf
Besetzung:
Nabucco ... Johan Reuter
Ismaele ... Yosep Kang
Zaccaria ... Vitalij Kowaljow
Abigaille ... Anna Smirnova
Fenena ... Jana Kurucová
Oberpriester des Baal ... Marko Mimica
Abdallo ... Jörg Schörner
Anna ... Nadja Korovina
Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Premiere war am 8. September 2013
Weitere Termine: 15. 9. / 3., 5., 8., 13. 10. / 19., 22. 12. 2013
Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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