Christiane Oelze sang Berg,
Mahler, Schumann und
Messiaen
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Über die Sopranistin Christiane Oelze "einschätzend" zu schreiben, ist viel schwerer als ich es für möglich halten wollte. Mindestens drei Mal hatte ich in den letzten Jahren das Vergnügen, ihrem Ton zu lauschen: ob in Leipzig (Mahlers Vierte und Pamina), Dresden (Bachs h-Moll-Messe) oder - seit ich hier wohne - mehrfach in Berlin. Sie hatte bis dahin in zahlreichen Ensemble-Produktionen auf CD, besonders Bach natürlich, mitgewirkt. Auch gilt sie wohl als eine der gefragtesten Darstellerinnen in den Mozartopern. Ihre Stimme ist geradlinig, sie hat etwas Beruhigendes, obgleich man sie nicht etwa leise nennen würde; und das Einzige, was mich, nachdem ich Oelze in den allerletzten Jahren oft und öfter hörte, irgendwie zu stören anfing, war, dass ich zumeist die Texte, die sie sang, nie richtig oder überhaupt gar nicht verstehen konnte. Sind es ihre "Rundungen" in dieser für sie einmaligen Artikulation, oder was könnte das am Ende sein, dass ich die Texte, die sie singt, zumeist dann nicht verstehe?
Ja und ausgerechnet diese Art von Manko fiel mir gleich bei ihrer singulären Darbietung der zwei von fünf Sinfonischen Stücken aus "Lulu" von Alban Berg auf. Vor zwei Wochen sang sie sie im Schinckelbau; Michael Gielen - ausgewiesner Berg- und Mahler-Kenner sondergleichen - hatte Oelze hiermit (inkl. Schluss-Solo aus Malers Vierter Sinfonie) verpflichtet; und gesanglich, also stimmlich, war das sicherlich eine exorbitant geglückte Wahl - - wenn nur nicht diese generelle Unverständlichkeit der jeweiligen Textpassagen bei ihr wäre; und bei Mahler lässt man sich das ja zur Not gefallen, doch bei Lulu? Sicher, Gielen wird gewusst haben, warum er ausgerechnet Oelze an der Seite des von ihm geleiteten Konzerthausorchsters Berlin, insbesondere mit diesen beiden Werken, singen ließ...
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Eric Schneider und Christiane Oelze
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Paar Tage später dann die absolute Überraschung:
Oelze ist die Dritte in der Folge, die das Lied-Gesamtwerk von Messiaen (falls ich das richtig aus den Aufzeichnungen im Programmheft in Erinnerung behalten habe) im Konzerthaus am Gendarmenmarkt zur Aufführung gebracht hat; vor ihr standen schon Ruth Ziesak und Christine Schäfer auf demselben Podium. Initiator dieser engagierten Großtat müsste, zweifelsohne, Eric Schneider, der sie alle am Klavier begleitete, gewesen sein. Also:
Sie sang Harawi. Chant d'amour et de la mort - das sind ein Dutzend Lieder, die, wie stets bei Messiaen, sehr schön und ausdrucksstark an Vogelstimmerei gemahnen. Und bei Oelze, die ja nun gewiss keine Soubrette ist - also fast frei von jedweder Koloratur - sind die akustischen Gebilde sicher bestens aufgehoben, weil sie das Klischee ornithologischer Verlautbarungen (bei Messiaen) in diesem Falle ad absurdum führen.
Und ich fragte, hartnäckig und fies, meinen französischen Begleiter, ob denn er nun ihre dargebrachten Texte irgendwie verstehen konnte; er verstand die Frage nicht und meinte nur, es klänge insgesamt doch wunderschön, "scheiß auf den Text" o.s.ä.; ja, wie recht er hatte!
Vor der Pause sang die Oelze Robert Schumanns - ein Hohelied der walddickichten Hornromantik. Hier fand ich sie schon genial und überzeugender denn je!!!
Christiane Oelze ist so was wie eine Lorelei, aber in permanenter Deckung.
Ihre Stimme ist sympathisch, die Erinnerungen an sie haben jedes Mal dann was Traumatisches für mich. Ich mag sie ungemein.
Andre Sokolowski - 4. Dezember 2008 ID 4127
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Christiane Oelze sang
16. November 2008, Konzerthaus Berlin:
Berg, SINFONISCHE STÜCKE AUS "LULU"
Mahler, SINFONIE NR. 4
Konzerthausorchester Berlin
Dirigent: Michael Gielen
28. November 2008, Kleiner Saal im Konzerthaus Berlin:
Schumann, "LIEDERKREIS" NACH GEDICHTEN VON JOSEPH VON EICHENDORFF
Messiaen, "HARAWI. CHANT D'AMOUR ET DE LA MORT"
Eric Schneider, Klavier
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Weitere Infos siehe auch: http://www.konzerthaus.de
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