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CD-Kritik

Musik von

Ernest Bloch

und 11 Psalmen



Bewertung:    



Der in Augsburg geborene Cellist Julius Berger (70) bereichert und belebt seit mehr als vierzig Jahren das Musikleben nicht nur in Deutschland. Als Solist und Kammermusiker ist er eine weltweit gefragte Instanz. Zudem bildet er Spitzenmusikerinnen und -musiker aus, nicht wenige seiner ehemaligen Schützlinge wirken heute als Solocellistinnen oder -cellisten an renommierten Orchestern im In- und Ausland. Er gilt als Spezialist für die Musiken von Luigi Boccherini (1743-1805) und Leonardo Leo (1694-1744); und insbesondere was die wohl älteste Literatur für Violoncello solo - nämlich die von Domenico Gabrielli (1651-1690) und Giovanni Battista degli Antonii (1636-1698) - betrifft, ist seine fachliche wie interpretatorische Expertise international gefragt.


"Dass Julius Berger keinen Unterschied zwischen Historischem und Zeitgenössischem macht, sondern ganz im Sinne seines Lehrers und Freundes Mstislav Rostropovich den Kontakt zu lebenden Komponisten sucht und das Entstehen neuer Werke gezielt durch Aufträge, Ur- und Erstaufführungen fördert, gehört sicherlich zu seinen großen Verdiensten.

[...]

In jüngster Zeit widmet sich Julius Berger vor allem der Erforschung des geistigen Hintergrundes großer Standardwerke von Bach, Beethoven, Brahms und anderen. In der von ihm initiierten Reihe 'Von der Idee zum Werk' an der Universität Augsburg erschließt er in Wort und Klang Sprache, Eigenheiten und historische Bezüge."

(Quelle: juliusberger.de)

*

Seit ein paar Tagen ist das von ihm konzipierte und vom Label arcantus veröffentlichte Album untem Titel Warum toben Völker im Musikhandel erhältlich. Es vereint Werke von Ernest Bloch (1880-1959), welche für Violoncello und Vibraphon sowie Marimba bearbeitet wurden, wobei der jeweilige Solopart von Berger selbst und die zwei "Hintergrundinstrumente" von Andrei Pusgkarev sowie Pavel Beliaev gespielt werden. Programmatisch angereichert werden die acht musizierten Stücke mit 11 ausgewählten Psalmen, die Annette Schavan (Bundesbildungsministerin a.D. und ehemalige Botschafterin im Vatikan) vorträgt - konkret mit ihr verbindet Berger eine lebenslange Freundschaft, die sich auch in mehreren gemeinsamen Projekten manifestierte; beide hatten so z.B. Texte des Psalters in Verbindung mit Synagogalgesängen aufgeführt.

Jetzt nun - mittels des vorliegenden Albums - meinten sie einen Schritt weiter gegangen zu sein, und Berger beschrieb das so:



"Mir schwebte vor, der Bedeutung von 'psalmós' – Gesang mit Saitenbegleitung, nachzugehen. Einerseits galt es dem Komponisten zu dienen, dessen Werke 'die Bibel zum Schwingen bringt', andererseits galt es, die Worte der Psalmisten durch die Musik zu verlebendigen, so wie es wohl ursprünglich gedacht war.“



Der Cellist Jilius Berger | Foto: Sandra Behrbohm


Blochs Méditation hébraïque (1924) eröffnet die musikalische Werkzusammenstellung. Original ist es für Cello und Klavier komponiert, und Neil W. Levin beschreibt es in etwa so:


"Die gefühlvolle, manchmal klagende Melodielinie des Cellos, die das Stück eröffnet, ist gespickt mit gelegentlichen Andeutungen kantoraler Verzierungen und Seufzer. Die Intensität steigert sich allmählich, geht in höhere Register über und tritt schließlich mit dem Klavier in einen heftigen und manchmal kontrapunktischen Dialog. Die beiden teilen abwechselnde motivische Komponenten, zu denen Hemiola-Rhythmen und ein einprägsames absteigendes Muster gehören. Der abschließende Moderato-Abschnitt ist nicht so sehr eine Rückkehr zur Stimmung des Eröffnungsabschnitts, sondern vielmehr eine würdevolle, bewusste Auflösung der Meditation, die, nachdem sie qualvoll geworden ist, nun wieder stolz, aber sanft nachdenklich ist." (Quelle: milkenarchive.org)


Die alternative Hinzutuung von Vibraphon- und Marimbaklängen (statt dem obligatorischen Klavier) empfindet sich beim Hören angenehm und gut, sie assoziiert das, was Berger selbst bezüglich seines CD-Projekts als "musikalisches Gebet" verstanden haben wollte.

1923 komponierte Bloch seine dreisätzige Baal Shem Suite im Gedenken an den legendären polnischen Rabbi Israel ben Elieser genannt Ba'al Schem Tov (1698-1760), einem der Gründerväter der Chassidim. Zahllose Geschichten würden von ihm erzählt, heitere Belehrungen seiner Zeitgenossen über die unermessliche Größe Gottes, die Notwendigkeit zu Umkehr und Gotteslob, zum Gesang und zum Gebet. Am Schluss der CD erklingt der mit "Nigun" übertitelte Mittelsatz dieser Suite, welcher bis heute als das berühmteste Stück von Bloch gilt.

Zwischen diesen beiden Eckpfeilern werden weitere Stücke oder Stückausschnitte Blochs (unter anderem aus seinem Jewish Live von 1924) mit der Deklamierung der besagten Psalmen angereichert resp. zubereitet/ zugerichtet; ja und ausgerechnet das hinterlässt bei mir als Hörer einen irritierend-störenden Eindruck. So gesehen dürfte der einzige (und dafür um so deutlichere!) "Makel" der CD - jedenfalls, was meinen persönlichen Geschmack betrifft - alleinig bei der Sprecherin zu verorten sein:

Nichts gegen Annette Schavan! Doch ihre einschläfernde Stimme vermag es einfach nicht, der emotionalen Urgewalt und klugen Hintergründigkeit jener schier unsterblichen Bibeltexte angemessen dienlich zu sein. Der rezitatorisch zu hebende Schatz des Psalters eignete sich mehr für eine Schauspielerin bzw. einen Schauspieler. So Laien leierten ihn halt bloß runter.

Alles in allem freilich:

Sehr, sehr meditativ.

Andre Sokolowski - 7. Oktober 2024
ID 14956
WARUM TOBEN VÖLKER
PSALMEN IM DIALOG MIT MUSIK VON ERNEST BLOCH

Ernest Bloch: Méditation hébraïque (1924)
- I Lento (Ausschnitt) aus Suite (1919)
- III Lento aus Suite
- Jewish Song - aus Jewish Life (1924)
- Supplication aus Jewish Life
- Voice in the Wilderness (1936)
- Prayer aus Jewish Life
- Nigun aus Baal Shem (1924)
Julius Berger, Violoncello
Andrei Pushkarev, Vobraphone
Pavel Beliaev, Marimba
Annette Schavan, Rezitation
Aufgenommen im Maria Regina Martyrum Berlin, 9/2023
CD-VÖ am 04.10.2024
Label: arcantus Musikproduktion | arc 24049


Weitere Infos siehe auch: https://juliusberger.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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