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CD-Kritik

35 Eichendorff-

Lieder



Bewertung:    



Der v.a. auf Barockmusik spezialisierte Tenor Georg Poplutz hatte sich letztes Jahr mit dem Schweizer Musiker und Komponisten Rudolf Lutz zusammengetan und 35 Eichendorff-Lieder im Kammermusiksaal des DLF in Köln als CD aufgenommen - sie ist mit Nur über uns die Linde rauscht betitelt und seit März d.J. auf dem Phonomarkt erhältlich.

Schließe ich beim Spätromantiker Joseph von Eichendorff (1788-1857) erweiternd auf Musik, fällt mir zuallererst Im Abendrot (das letzte der Vier letzten Lieder Richard Strauss') ein; ich muss jedes Mal, wenn ich es höre, zwanghaft an mir halten, dass es mich emotional nicht überkommt. Ein bisschen "nüchterner", aber bei Weitem nicht viel "unromantischer" bin ich beim Anhören von Robert Schumanns Liederkreis op. 39 (mit der so betörend traumhaft-schönen Mondnacht, deren Melodie so einprägsam wie keine andere der zehn Kompositionen ist) gestimmt - besagten Zyklus, der Bestandteil der CD ist, hörte ich als erstes an, und er gefiel mir in der klaren und unaufgeregten Interpretation durch Poplutz/ Lutz ausnehmend gut; ich mag die Stimme des Sängers, und seine Textverständlichkeit ist geradezu beispielgebend.

Außer Schumanns Liederkreis lässt noch ein zweiter Zyklus (Sieben Lieder nach Gedichten von Joseph Freiherr von Eichendorff) besonders aufhorchen. Er stammt von Rudolf Lutz, welcher sie pianistisch begleitet. Das lesenswerte Booklet enthält dann auch einen in diesen Zyklus einführenden Text von Ingo Müller, den ich diesbezüglich gern zitiere:



"Nun weist Eichendorffs Dichtung bereits von sich aus einen hohen Grad der Musikalität auf, der sie einer Vertonung zugänglich macht. So bedient sich Eichendorff nicht nur überwiegend liedhafter Formen, sondern seine lyrische Sprache selbst tendiert zur Musik.

[...]

Eichendorffs Dichtung ist daher nicht nur Sprachmusik, sondern sie ist auch in einem ganz konkreten Sinne von Musik durchdrungen: Ein vielfältiges Singen und Klingen erfüllt die Eichendorff'schen Landschaften, die zudem in ihrer eigentümlich unspezifischen Gestalt symbolisch überhöht scheinen. Wälder und Bäche rauschen geheimnisvoll, und immer wieder wehen von ferne Waldhornklänge herüber. Dieses Tönen bewirkt eine akustische Entgrenzung des Landschaftsraums und weckt jene unbestimmte Sehnsucht, die einen Kerntopos der Romantik darstellt."


Müller bezieht sich zwar mehr auf die brandneuen Lieder von Lutz, doch seine Einlassungen [s.o.] lassen sich dann freilich auch auf alle andern jeglichen Versuche, Eichendorff'sche Lyrik zu vertonen, übertragen. Sowieso klingt das auf der CD mit Poplutz und dem Komponisten weltersteingespielte Neue gottlob nicht "zu neu", will sagen nicht über die Maßen avantgard: Was wollte man auch groß mit solchen wahrlich spätromantisch anmutenden Themen wie dem Heranfliehen des ersten Morgenstrahls, der in Aktionismus ausartenden Waldlust, dem die Vergänglichkeit der Zeit gemahnenden Wechsel, der sirenengleichen "Meerfei" in dem Lied Verloren, dem immer stiller Werdenden Am Abend resp. dem "Ich weiß nicht mehr, was ich will" paar Augenblicke später oder dem lakonischen Nachruf auf alle die, die einstmals um uns waren, anders anfangen, als sie tonal (statt a-tonal) werden zu lassen.

Fünf Lieder von Hugo Wolf sowie je zwei von Friedrich Theodor Fröhlich (1803-1836), Friedrich Kiel (1821-1885) Felix Mendelssohn Bartholdy und zwei weitere von Lutz und Schumann als auch eine Liederrarität von Robert Franz (1815-1892) komplettieren die fulminante Auswahl der sage und schreibe 35 Eichendorff-Vertonungen auf diesem sehr empfehlenswerten Klassik-Album.





Der Tenor Georg Poplutz (li.) sowie der Pianist und Komponist Rudolf Lutz
Foto (C) Christian Palm

Andre Sokolowski - 8. Juni 2023
ID 14240
Nur über uns die Linde rauscht
Eichendorff-Lieder

Rudolf Lutz (*1951): Wünschelrute (Weltersteinspielung)
Robert Schumann: Frühlingsfahrt op. 45
Hugo Wolf: Der verzweifelte Liebhaber
Friedrich Theodor Fröhlich (1803-1836)/ Rudolf Lutz: Wem Gott will rechte Gunst erweisen
Robert Franz: Der vielschönen Fraue op. 10 Nr. 4
Felix Mendelssohn: Es weiss und rät es doch keiner op. 99 Nr. 6
Wolf: Heimweh
Schumann: Der frohe Wandersmann op. 77 Nr. 1
- Liederkreis op. 39
Mendelssohn: Nachtlied op. 71 Nr. 6
Friedrich Kiel (1821-1885): Sage mir, mein Herz, was willst Du? op. 31 Nr. 2
- Bist Du manchmal auch verstimmt op. 31 Nr. 12
Fröhlich: Das zerbrochene Ringlein
Lutz: Vesper (Weltersteinspielung)
Wolf: Unfall
- Der Scholar
- Der Musikant
Lutz: Sieben Lieder nach Gedichten von Joseph Freiherr von Eichendorff (Weltersteinspielung)
Georg Poplutz, Tenor
Rudolf Lutz, Klavier
Aufgenommen 01/2022 im Deutschlandfunk Kammermusiksaal, Köln
Label: SPEKTRAL SRL4-22198


Weitere Infos siehe auch: https://georgpoplutz.de


https://www.andre-sokolowski.de

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