Filarmonica della Scala (Riccardo Chailly)
Brahms, Verdi
|
|
Bewertung:
Diese vermaledeiten Zugaben! Manches Mal erweisen sie sich einfach als Pferdefuß. Nicht weil sie an sich schlecht sind, ganz im Gegenteil, sondern weil sie das zuvor Gehörte bisweilen in den Schatten stellen. Ich kann mich noch gut an ein Gastspiel der Wiener Philharmoniker unter dem im Januar verstorbenen, großartigen Georges Prêtre erinnern, welches 2013 kurz nach Neujahr stattfand: Beethovens Siebte und Strawinskys Feuervogel flogen schön, aber flügellahm am Ohr vorbei. Doch als die ersten Rausschmeißer-Takte der Strauß’schen Tritsch-Tratsch Polka durch die Reihen knallten, wurde das Konzert schlagartig zum unvergesslichen Erlebnis. Keine drei Minuten waren dafür nötig.
*
Nun, beim Konzert der Filarmonica della Scala unter Riccardo Chailly, passiert dasselbe in Grün. Da tritt im ersten Konzertteil ein zart ziselierter, schlanker und dennoch sahnig-edler Brahms-Ton an uns heran, der ganz, ganz toll ist, so makellos wie wunderbar, dass man sich kaum traut, an ihm herumzumäkeln. Gleichwohl: Perfektion kann schnell langweilen. Da auch Leonidas Kavakos mit seiner Stradivari zwischen introvertierter Versunkenheit und virtuosem Dienst nach Vorschrift hin- und herschwankt, wirkt dieses Violinkonzert ein wenig durchgekliniert.
Nach der Pause haben der glorios schmetternde Rundfunkchor Berlin und die reizende Evelin Novak das Pech, nach der Knaller-Ouvertüre aus Verdis Les Vêspres siciliennes dran zu sein. Wer möchte denn schon lateinische Lob- und Bittgesänge hören, nachdem er mit so viel Schmackes auf Rebellion und Intrigenspiel gebürstet wurde? Die Zugabe, die Sinfonia aus La forza del destino, rückt die Verhältnisse gerade: Hier vibrieren Sinne, brennt die Luft, dreht Chailly den Stimmungsherd auf Maximum, zeigt die Filarmonica della Scala, wo der Verdi-Hammer hängt!
Hatte man Schiss, ein reines Potpourri aus Verdi-Opern anzubieten? Kommt wieder, Amici, und traut euch!!!
|
Der Geiger Leonidas Kavakos und die Filarmonica della Scala mit Dirigent Riccardo Chailly beim MUSIKFEST BERLIN 2017 | Foto (C) Kai Bienert
|
Heiko Schon - 14. September 2017 ID 10252
FILARMONICA DELLA SCALA (Philharmonie Berlin, 13.09.2017)
Johannes Brahms: Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 77
Giuseppe Verdi: Ouvertüre aus Les Vêspres siciliennes
- Stabat Mater für Chor und Orchester
- Te Deum für Doppelchor, Sopransolo und großes Orchester aus den Quattro pezzi sacri
- Ouvertüre aus La forza del destino (Zugabe)
Leonidas Kavakos, Violine
Evelin Novak, Sopran
Rundfunkchor Berlin
Choreinstudierung: Gijs Leenaars
Filarmonica della Scala
Dirigent: Riccardo Chailly
Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinerfestspiele.de
Post an Heiko Schon
MUSIKFEST BERLIN
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
CD / DVD
INTERVIEWS
KONZERTKRITIKEN
LEUTE
NEUE MUSIK
PREMIERENKRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|