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Aimee Mann im Kölner Gloria| Foto (C) Ansgar Skoda

Bewertung:    



Eine Vorband hat es bekanntlich meist schwer. Viele Zuschauer verteidigen bereits seit über einer halben Stunde ihre Stehplätze im Publikum. Da kann Jonathan Coulton, der sich augenzwinkernd großspurig als „Aimee Mann“ ausgibt, bei so manchem nur wenig reißen. Der Singer-Songwriter begleitet seinen sanft-eingängigen Gesang bei Songs wie "Still Alive" durch kraftvolles Gitarrenspiel und stellt charmant seine Deutschkenntnisse unter Beweis. Doch viele Zuschauer blicken erwartungsvoll auf ihre Armbanduhren. Ein Dienstagabendkonzert sollte sich nicht zu sehr zerdehnen, denn am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen. Und dann holt Coulton auch noch eine Duettpartnerin auf die Bühne. Als Coulton auch sie als „Aimee Mann“ anpreist, macht sie schüchtern abwehrende Gesten. Die eher unscheinbare Blondine mit der großen Brille übt sich jedoch nur kurzzeitig in Zurückhaltung. Bald ahnen viele im Publikum, die dem dunklen Gesang ihrer Stimme aufmerksam lauschen, dass Coulton nicht ganz Unrecht haben kann. Tatsächlich verraten die geflissentlich vorgetragenen backing vocals, die Coultons Gesang so ausdrucksstark unterstützen, die Könnerschaft der angekündigten Künstlerin.

*

Das stimmungsvolle Konzert der Singer-Songwriterin Aimee Mann im Kölner Gloria birgt so einige Überraschungen. Reizvoll provokant spielt schon der Titel des 2017 erschienen Album Mental illness (zu dt. Geisteskrankheit) der US-Amerikanerin aus Virginia mit möglicher Bedeutungsschwere. Tatsächlich geht es in den melancholischen Songs um Themen wie Einsamkeit, Existenzängste und allerlei emotionale Schicksale. Aimee Mann erzählt auf der Bühne, dass sie mit ihrem neuen Song „You never loved me“ das Schicksal einer Freundin beleuchtet, die 3.000 Meilen reiste, um dem Liebesschwur eines Bekannten zu folgen. Dieser grausame Verführer tauchte dann jedoch auch in der Ferne nie auf. Das neunte Album der 57-Jährigen schwelgt ähnlich den Vorgängeralben in sanft-schwermütigen Melodien, die mit poetischen Lyrics Allzumenschliches veredeln:

„… Stuck in the past
A planet only on paper
Guess I'm the last
I live in memory of vapor
I don't know what that arrangement was
I could never tell
Like you could
I don't spare that just
because hoping it was a well…“


So ganz möchte Aimee Mann die Rolle der Sängerin im Hintergrund bei ihrem Konzert anscheinend nicht aufgeben. Sie überlässt auch bei ihrer späteren Performance Jonathan Coulton stets den mittleren Platz im Bühnenzentrum. Mann erklärt, dass Coulton sie nicht nur beim Deutschlernen übertrumpfte. Er zeichnet sich auch für die Kompositionen von „Patient Zero“, „Good for me“ und „Rollercoasters“ auf ihrem neuen Album verantwortlich. Coultons raumgreifende Bühnenpräsenz kontrastiert ein bisschen mit Manns zerbrechlich wirkender, schlanker und unprätentiöser Erscheinung. Bei aller Lässigkeit weiß sie nichtsdestotrotz mit ihrem nuancierten Spiel und warmen stimmlichen Ausdruck bei Songs wie „Humpty Dumpty“ und „The Moth“ aus ihrem Album Lost in Space (2003) zu gefallen. Die Hits „Save me“, „Wise up“, „One“ und „Driving Sideways“ aus dem Filmsoundtrack von Magnolia dürfen natürlich auch nicht fehlen. Mit ihren Songs zum kongenialen Episodenfilm von Paul Thomas Anderson wurde die Sängerin 1999 schlagartig bekannt. Die vierköpfige Band um Aimee Mann setzt nicht nur hier mit dichten Arrangements Akzente. Mann und Coulton verabschieden sich dann bei der letzten Zugabe einträchtig im sauber aufeinander abgestimmten, höchst wohligen und frisch geübten Deutsch mit “Auf Wiedersehen, My Dear” von den Comedian Harmonists.



Aimee Mann und Jonathan Coulton im Kölner Gloria| Foto (C) Ansgar Skoda

Ansgar Skoda - 28. Oktober 2017
ID 10341
Nächste Konzerttermine von Aimee Mann für 2017:

28.10. Dublin (Irland), National Stadium
29.10. Glasgow (Großbritannien), O2 ABC
14.12. Phoenixville (Pennsylvania), The Colonial Theatre
15.12. New York, Holiday Cheer for FUV at Beacon Theatre
16.12. Harrisburg (Pennsylvania), Sunoco Theater, Whitaker Center
17.12. Pittsburgh(Pennsylvania), Carnegie Lecture Hall


Weitere Infos siehe auch: http://aimeemann.com


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