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Konzertkritik

Neo-Retro

mit Schnäuzer



Christian Steiffen in der Live Music Hall in Köln | Foto (C) Ansgar Skoda

Bewertung:    



Ist es Schlager-Trash; ist es Retro? Es ist Steiffen. „Kriegst ja n‘ Steifen“ - so schmuddelig klingt der Name Christian Steiffen phonetisch, wenn er schnell ausgesprochen wird. Und lüsterne Hits des Schlagerbarden, wie „Sexualverkehr“ und „Arbeiter der Liebe“ befriedigen dann durchaus augenzwinkernd derlei anzügliche Erwartungen. Er ist einer der Sänger, die in Singer-Song-Writer-Manier den deutschen Schlager der 1970er Jahre wieder aufgreifen und ihre trashige Satire darauf machen. Ähnlich wie etwa Guildo Horn und Funny van Dannen. Steiffen inszeniert sich als machohafter, selbstverliebter Schlagerstar, für den Frauen nur zur Bestätigung seines übergroßen Egos da sind. Seine Lieder haben in eingeweihten Kreisen Kultstatus. Er selbst übernahm in dem nach seinem vielleicht bekanntesten Lied benannten Spielfilm Ich fühl mich Disco von Axel Ranisch(2013) eine prominente Gastrolle. Immer wieder arbeitete er auch als Schauspieler.

Auf der Bühne der Life Music Hall in Köln legte er am Montagabend eine bewegte Show hin, in der er durchgängig seine Kunst- und Kultfigur Christian Steiffen verkörpert. Steiffens in den letzten Jahren stetig gewachsene Fan-Gemeinde singt begeistert mit, wenn er schwarzhumorige Hits wie „Eine Flasche Bier“, „Selbstmitleid“, „Ich hab‘ Dir den Mond gekauft“ oder „Die dicksten Eier der Welt“ performt. Leidenschaftlich bereichert er seine Lieder aus dem Albumdebüt Arbeiter der Liebe (2013) und dem aktuellen Longplayer Ferien vom Rock’n’Roll (2015) das eine oder andere Mal um improvisiert wirkende Einsprengsel und Anekdoten. Steiffen wirft sich in Pose, macht elegante Hüftschwünge, dreht, windet und räkelt sich während seines sanft-geschmeidigen Gesangs. BHs und glitzernde rosa Plüschstolas fliegen auf die Bühne. Als Steiffen endlich sein Sakko gewohnt lässig abstreift und sich im weit aufgeknöpften Hemd präsentiert, grölt das deutlich angeheiterte Publikum. Zur Gänze ausziehen dürften sich nun jedoch nur die Besucher, ruft Steiffen. Seine Gage sehe einen Striptease ja nun einmal doch nicht vor, lässt er sich nicht erweichen. Ein Vorbild für den Schlagerpoeten mag wohl der späte Elvis Presley sein. So erklärt Steiffen wehmütig, dass Elvis in seinem Alter schon drei Jahre tot war. Hardy Schwetter, wie Christian Steiffen mit bürgerlichem Namen heißt, war übrigens von 2001 bis 2010 Frontmann einer siebenköpfigen Elvis-Tribute-Band. In Köln wird Steiffen lustvoll gekonnt vom einköpfigen Original Haseland Orchester begleitet.

Steiffen lässt sich mit den ihn frenetisch feiernden Besuchern immer wieder auf zärtliche Flirts ein. So holt er sich beim Anstimmen des ironischen Liebesduetts „Du und ich“ eine Dame aus den Publikum auf die Bühne, die den von Eva Schneidereit eingespielten Part gestisch und mimisch höchst bewegend unterstützt. Während Steiffen sein gewiss nicht politisch korrektes Lied Ich habe Haschisch probiert“ dem jubelnden Publikum präsentiert, wagt er sich leider nicht live an seinen Song „Mein bester Freund“, in dem er mit Jesus Christus liebäugelt und sein Fehlen in der Gegenwart schmerzlich beklagt. Das i-Tüpfelchen setzt dem Konzert an diesem Montagabend übrigens der durchaus ernsthaftere, amerikanische Singer-Songwriter Shane Alexander auf. Als Vorband begleitet der Künstler seinen sanft timbrierten, ausdrucksstarken und zärtlichen Gesang bei Songs wie „Something real never dies“ aus seinem Album Bliss (2016) gekonnt an der Gitarre.



Christian Steiffen in der Live Music Hall in Köln | Foto (C) Ansgar Skoda

Ansgar Skoda - 27. Oktober 2016
ID 9641
Weitere Infos siehe auch: http://www.christiansteiffen.com/


Post an Ansgar Skoda

http://www.ansgar-skoda.de



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