Alles macht
etwas aus
Herman van Veen
auf Deutschland-Tour
|
Herman van Veen am 9. April in der Bonner Beethovenhalle | Foto (C) Ansgar Skoda
|
Bewertung:
Der Niederländer Herman van Veen feiert sein 50jähriges Bühnenjubiläum mit einer fulminanten Konzerttournee. Auch in der Bonner Beethovenhalle begeisterte der Ausnahmekünstler gestern mit einem stimmungsvollen Konzert und unterhaltsamen, oft auch selbstironischen Anekdoten aus dem Leben. Auf der Bühne schaffen choreographische Einlagen des Holländers und seiner siebenköpfigen Band bleibende Eindrücke, etwa wenn die Künstler in ausdrucksstarken Posen im Rhythmus der Musik kurzzeitig einfrieren. Der selbsternannte „holländische Clown mit der Glatze“ ist seit mehr als vier Jahrzehnten im Musikgeschäft. Gewidmet ist die diesjährige Tour dem im letzten Jahr verstorben Pianisten Erik van der Wurff, mit dem van Veen 52 Jahre zusammenspielte.
|
Herman van Veen und Gitarrist Robin Scherpen am 9. April in der Bonner Beethovenhalle | Foto (C) Ansgar Skoda
|
Der 71jährige Künstler und seine Band spielen überwiegend Songs aus seinem im Januar diesen Jahres erschienen und nunmehr 178. Album Fallen oder Springen. Es sind selbstgeschriebene Songs mitten aus dem Leben - über bedingungslose Freundschaft, über die eigene Mutter, den Vater oder die Oma. Bilanz handelt vom Älterwerden, in Offenes Geheimnis geht es über eine allmählich verschwindende Privatsphäre durch Phänomene wie das Internet, und Hilfe, Hilfe behandelt scheinbar unbegründete Traurigkeit einer Depression. Einer der stärksten Songs des Abends ist Mein Herr, ebenfalls aus dem neuen Album. Dieser Song hinterfragt, dass die meisten Religionen gleichgeschlechtliche Liebe als etwas Schlechtes verurteilen: „Wo wohnt der Gott, der findet, dass mein Sohn nur Frauen lieben darf?“ Der vierfache Vater Herman van Veen erklärt, dass eine seiner Töchter mit einer Frau verheiratet sei: „Es gibt Länder, in denen dieserart Liebe ein Todesurteil bewirkt.“ Eine van Veen-Uraufführung feierte in der Beethovenhalle ein eingängiger Song über Kraniche, die er erst auf seinen Deutschlandreisen beobachten lernte. Eine witzige Koinzidenz.
[2013 fotografierte ich vor seinem Konzert in der Beethovenhalle einen Kranichschwarm über seinem Tourbus; s.u.]
|
Kranichschwarm über Tourbus von Herman van Veen am 20. Oktober 2013 vor der Bonner Beethovenhalle | Foto (C) Ansgar Skoda
|
Die Bühnenpräsenz des Multitalents aus Utrecht ist enorm. Gesanglich steht van Veen seinen Fähigkeiten aus jüngeren Jahren in nichts nach. Seine humorigen Tanzeinlagen und komödiantischen Gesten sitzen noch immer perfekt. Sieben weitere Musiker umrahmen das Programm gut aufeinander abgestimmt und bringen selbst einige bemerkenswerte Solobeiträge zu Gehör. Ihr musikalisches Können ergänzt die Lieder van Veens, sodass nichts antiquiert oder orthodox daherkommt. Es liegt wohl an der stets frischen Art der Präsentation und den doch zeitlosen Inhalten, dass die Zuschauer auch heute noch davon erreicht werden. Die Zeiten haben sich gewiss geändert, auch van Veen und sein Publikum sind älter geworden, doch treffen die Botschaften des Liedermachers aus den Niederlanden noch immer ins Herz. So besingt er Erfahrungen, die fast jeder einmal in seinem Leben machen musste oder machen durfte. Es geht dabei um Liebe, Streit und Trennung, Leben und Tod, Kindheit und Alter, Begegnungen mit Menschen und der eigenen Vergangenheit. Trauriges und Lustiges liegen so nahe beieinander, wie sie sich im Leben selbst nahekommen können.
Genau diese Mischung und die unverwechselbare Stimme und Atmosphäre sind es, die Menschen noch immer begeistern können. Nach vielfachen Zugaben und stehenden Ovationen beendet er das etwa dreistündige Konzert, nicht ohne aber anzukündigen, dass er in drei Jahren erneut in Bonn auftreten werde.
|
Herman van Veen am 9. April in der Bonner Beethovenhalle | Foto (C) Ansgar Skoda
|
Ansgar Skoda - 10. April 2016 ID 9247
HERMAN VAN VEEN (Beethovenhalle Bonn, 09.04.2016)
Bandbesetzung:
Gitarre, Gesang … Edith Leerkes
Geige, Gesang … Jannemien Cnossen
Die jungen Wilden:
Bass … Dave Wismeijer
Geige, Gesang … Saskia Egtberts
Schlagzeug … Julian du Perron
Gitarre … Robin Scherpen
Klarinette, Gesang … Rikkert van Huisste
Nächste Konzerttermine:
22.04. Lübeck, Musik- und Kongresshalle Lübeck
23.04. Flensburg, Deutsches Haus
29.04. Saarbrücken, Congresshalle Saarbrücken
30.04. Münster, Messe+Congress Centrum Halle Münsterland
22.09. Siegen, Siegerlandhalle
23.-24.09. Dortmund, Konzerthaus Dortmund
29.-30.09. Essen, Philharmonie Essen
01.10. Bielefeld, Stadthalle Bielefeld
02.10. Erfurt, Alte Oper Erfurt
03.10. Leipzig, Gewandhaus zu Leipzig
06.-08.10. Düsseldorf, Tonhalle Düsseldorf
14.10. Amstetten, Johann-Pölz-Halle
15.10. Wien, Wiener Konzerthaus
16.10. Salzburg, Salzburg Congress
22.10. München, Philharmonie im Gasteig
23.10. Nürnberg, Meistersingerhalle Nürnberg
27.-29.10. Hamburg, Laeiszhalle Hamburg, Großer Saal
10.-12.11. Hannover, Theater am Aegi
16.11. Braunschweig, Stadthalle Braunschweig
17.-19.11. Bremen, Die Glocke Großer Saal
24.-26.11. Kiel, Kieler Schloss
29.11.-03.12. Berlin, Admiralspalast - Theater
09.12. Heidelberg, Kongresshaus Stadthalle Heidelberg
10.12. Stuttgart, Liederhalle Beethovensaal
11.12. Rheingoldhalle Mainz
Weitere Infos siehe auch: http://www.hermanvanveen.com
Post an Ansgar Skoda
http://www.ansgar-skoda.de
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
CD / DVD
INTERVIEWS
KONZERTKRITIKEN
LEUTE
NEUE MUSIK
PREMIERENKRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
RUHRTRIENNALE
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|