ELISABETH
LEONSKAJA
im Pierre Boulez Saal
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Elisabeth Leonskaja (2012) | Foto (C) Julia Wesely; Bildquelle: Wikipedia
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Elisabeth Leonskaja, eine - um nicht zu sagen DIE - Grand Dame unter den russischen Pianistinnen, hatte im Pierre Boulez Saal gestern Abend ihren großen Auftritt:
Schon wie sie herein schwebte - wobei das Wörtchen "schwebt" ein unpassendes Gleichnis hierfür ist - , erzeugte beim bestaunenden Betrachter einen Eindruck absoluter Königinnenhaftigkeit. Sie trug ein langes schwarzes Kleid und über diesem einen großzügigen schwarzen Überwurf, der wiederum, und insbesondere bei ihren Auf- und Abgängen, allein durch den im leisen Saalwind angeblas'nen dünnen Stoff (dieses besagten Überwurfes), ihr Herein- als wie Hinausgeschwebtsein assoziativ erzeugte.
Ihre Schritte: bodenhaftig.
Ihre Blickrichtung: geradeaus.
Ihr dunkelroter Mund: geschlossen
Ihre unverschwisternde Unnahbarkeit vermochte ihr erdanziehendes Selbstbewusstsein nur noch deutlicher zu untermauern - ob sie sich dann freilich überhaupt, und angelegentlich, nach außen hin wem "öffnen" würde? Ja, natürlich! Denn die kleine Schlussszene nach ihrem kräftezehrenden Konzert, als sie dem Blumenjungen, der ihr dann das Referenzbuket, welches sie letztlich auf dem Flügel liegen ließ oder bewusst oder halt unbewusst vergaß (bei Friederike Mayröcker wusste und weiß man beispielsweise, dass sie Blumensträuße hasste, was dann wiederum Veranstalter von ihren Lesungen vorher zumeist nicht wissen konnten), überreichte, näher noch als ihren nächsten Hörern war, deutete darauf hin:
Sie griff mit beiden Händen ganz spontan nach seinem Kopf und küsste ihm dezent die Wangen, links und rechts...
*
Ihr Spiel: hoch konzentriert, unaufgeregt.
Ihr Anschlag: kraftvoll, unhart.
Ihre Ausstrahlung: wahrhaft, unaffektiert.
Drei großen Schubert-Stücken tat sie jenen (Schubertwerken meistens inhärenten) Sensenmann "hinzugesellen". Dieses melanchol'ne Trio unterbrach sie mit Kompositionen Arnold Schönbergs, Anton Weberns; auch mehr einem Jen- statt einem Diesseitigen zugewandt. Die von ihr zeitlich investierten Übergänge (von dem einen Werk zum andern) waren fast schon fließend; sie erlaubte weder sich noch ihrem Publikum Zwischenbekundungen akustischer Natur - der Schlussapplaus gestaltete sich umso heftiger...
Sie kam auch nicht umhin, mit ihrem dunkelroten Mund aufs Freundlichste zurückzulächeln.
Einfach königlich!
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Andre Sokolowski - 23. November 2018 ID 11059
"Elisabeth Leonskaja wurde als Tochter russischer Eltern – die Mutter war Jüdin – in Tiflis geboren und galt schon früh als Wunderkind, das im Alter von elf Jahren erste Klavierkonzerte in der georgischen Hauptstadt gab. 1964 begann sie ein Studium am Moskauer Konservatorium bei Jacob Milstein, gefördert vom renommierten Pianisten Swjatoslaw Richter. In dieser Zeit gewann sie Preise bei internationalen Wettbewerben in Bukarest, Brüssel und Paris.
Sie verließ 1978 die Sowjetunion und lebt seitdem in Wien. Zahlreiche CD-Einspielungen und Auftritte in der ganzen Welt, wie bei den Salzburger Festspielen, und die Zusammenarbeit mit den bedeutenden Dirigenten ihrer Zeit und fast allen erstklassigen Orchestern, unter anderem mit Swjatoslaw Richter, den Berliner Philharmonikern und dem Guarneri String Quartet, zeugen von ihrer internationalen Anerkennung. Sie ist Ehrenmitglied des Wiener Konzerthauses."
(Quelle: boulezsaal.de)
Weitere Infos siehe auch: http://boulezsaal.de
http://www.andre-sokolowski.de
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