Robin Ticciati
ist der neue Chefdirigent beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin
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Plakatmotiv: DSO Berlin
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Das DEUTSCHE SYMPHONIE-ORCHESTER BERLIN gibt es seit über 70 Jahren. Es wurde 1946 (als RIAS-Symphonie-Orchester) gegründet, umbenannte sich dann 1956 zum Radio-Symphonie-Orchester Berlin, bevor es 1993 - als Ergebnis einer strukturellen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Zuge der deutschen Einheit - zu seinem jetzigen Namen kam. Und diese Dirigenten hatten es geleitet: Ferenc Fricsay (1948-1963), Lorin Maazel (1964-1975), Riccardo Chailly (1982-1989), Vladimir Ashkenazy (1989-2000), Kent Nagano (2000-2006), Ingo Metzmacher (2007-2010), Tugan Sokhiev (2012-2016).
Was bei der Listung auffällt: Dass die letzten Chefs es nicht viel länger als sechs, drei, vier Jahre in den Positionen hielt - gewisse Unvereinbarkeiten, die dann die Betroffenen kommunizieren ließen, führten wohl zu diesen allzu flotten Fluchten aus Berlin.
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Nunmehr obsiegt wieder die allgemeine Zuversicht - und Youngstar Robin Ticciati (34) soll es, hoffentlich ein Stückchen länger als seine drei DSO-Vorgänger, in dem neuen Amte richten:
Er ist ausgebildeter Geiger, Pianist und Schlagzeuger und dirigierte schon mit 15 Jahren. Colin Davis oder Simon Rattle zählten zu den ersten Förderern von ihm. Mit 23 Jahren debütierte er als jüngster Dirigent, der jemals an der altehrwürdigen Mailänder Scala vorstellig geworden war - ja und von da ab ging es steil bergauf. 2014, beispielsweise, wurde er Musikdirektor der Glyndebourne Festival Opera und trat damit die Nachfolge von Vladimir Jurowski an (der wiederum ist seit paar Tagen neuer Chefdirigent und künstlerischer Leiter des "benachbarten" Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin).
Ticciati's Inauguration wurde und wird als Mini-Festival gefeiert - letzten Samstagnachmittag gab es Symphonic Mob (für Alle, und im Freien), gestern Abend das hocheigentliche Antrittskonzert; und Freitagnacht wird Parallax (ausschließlich nur mit Neuer Musik) im Kraftwerk Berlin stattfinden; also ziemlich viel was los rund um den jungen Robin!
Und das schöne Foto [s.o.], was die DSO-Promoter momentan am meisten überallhin ausstreuen also verbreiten, zeigt uns einen irgendwie doch überraschten, wenn nicht gar von seinen eigenen Gefühlen überwältigten und diese (eigenen Gefühle) dennoch nicht, obgleich natürlich etwas hinter vorgehalt'nen Händen, überdecken wollenden Mitmenschen auf der Höhe seiner Zeit. Eine gewisse Nähe UND Distanz zu uns, die zukünftigen Ticciati-Fans, könnte das Bildmotiv vermitteln wollen; aber niemand weiß das so genau, wie sich vielleicht dann diese wechselseitigen Beziehungen in Zukunft so gestalten werden. Das Sympathische an ihm schlägt freilich schon mal stark zu Buche, und obgleich es [wie in meinem Fall, der ich dann gestern Abend ganz, ganz, ganz weit oben und weit weg von ihm gesessen hatte und sodurch nur Silhouettenhaftes von ihm mitbekam von wegen "Nähe UND Distanz"] selbstredend nur erahnbar war und ist...
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Lauter Programmmusik lag auf dem Dirigentenpult des inaugurativen DSO-Konzerts:
Hat - außer Musikern und andern Sachverständigen - je jemand was von Jean-Féry Rebel (1666-1747) gehört? Er war ein Zeitgenosse von Rameau, und eines seiner populärsten Werke ist Les éléments. In dieser zehnsätzigen Tanz-Suite werden die vier esssenziellen Elemente der Natur beschworen; und das geht dann gleich mal richtig urknallmäßig los. Die meisten Instrumentalistinnen und Instrumentalisten (auch Theorbe und Barockgitarre, Tamburin und Wimdmaschine und im Raum verteilte Vogelpfeifen sind zu sehen und zu hören) haben stehend Position genommen. Und die beiden Geigerinnen rechts vom Ticciati haken sich spontan dann unter und verüben justament ein klitzekleines Tänzchen! O, was für ein schöner, leichtfüßiger Auftakt all das war!!
Danach der große Schnitt - Symphonie Nr. 2, Kenotaph von Thomas Larcher (geb. 1963); hierzu statemente ihr Schöpfer: "Tausende und Abertausende von Menschen ertranken im Mittelmeer, während ganz Europa untätig am Rand stand, diese Tragödie beobachtete oder sogar wegschaute. Sie [die Symphonie] ist ein Symbol für das, was inmitten Europas geschehen ist und auch gerade noch geschieht." / Das Werk ist hochkomplex und großartig, nicht weniger denn hochkomplex und großartig wirkt auch sein nicht zu übersehender geschweige denn zu überhörender Orchesterapparat. Dem Komponist gelang eine vernehmbare Balance zwischen instrumentaler Vielwucht und intimer Kammermusikalität. Emotional wie intellektuell erreichte mich das Stück im Ganzen nicht; ich hätte besser vorher die Konzerteinführung frequentieren sollen.
Schließlich setzte Ticciati die Strauss-Tondichtung Also sprach Zarathustra auf den Plan. Sie ist nicht mehr als eine läppisch anmutende Aufeinanderfolge zigster "Menschenschritte des enthobenen Propheten" (ja, am besten sagten wir das einfach so); Orchestermusiker spiel'n das womöglich immer wieder gern, es gibt dort reichlich viel zu tun, ja und es hört sich stellenweise auch ganz hübsch und niedlich an. / Die leichthändige Art des Dirigierens kam dem opulenten Schinken in entschlackend-durchlüftender Weise sehr entgegen.
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Das Gesamtfazit des offiziellen Einstands: Von den drei Programmmusiken überzeugte (erstrangig) Rebel - beeindruckte (als Werk zum Kennenlernen) Larcher - und erheiterte (als Riesenzugabe begriffen) Strauss.
Jetzt bin ich selbstverständlich hochgespannt auf Ticciati's erste Darreichung eines der großen Werke der drei großen B's.
Vorfreude, unbedingt.
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Hochsympathisch: Robin Ticciati, der neue Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin | Foto (C) Marco Borggreve
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Andre Sokolowski - 27. September 2017 ID 10281
DEUTSCHES SYMHONIE-ORCHESTER BERLIN (Philharmonie Berlin, 26.09.2017)
Antrittskonzert für den neuen Chefdirigenten
Jean-Féry Rebel: Les éléments
Thomas Larcher: Symphonie Nr. 2 Kenotaph (Deutsche Erstaufführung)
Richard Strauss: Also sprach Zarathustra
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Dirigent: Robin Ticciati
Weitere Infos siehe auch: https://www.wer-ist-robin-ticciati.de
http://www.andre-sokolowski.de
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