Bissige
Blutsauger
in München
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Bewertung:
Fast drei Jahre war es still in Deutschland um das wohl erfolgreichste Musical aus der Feder von Jim Steinman und Michael Kunze, Tanz der Vampire. Im Jahr 1997 erstmals in Wien uraufgeführt begeisterte das Musical weltweit seither mehr als 7,5 Millionen Theaterbesucher und ist nun zum ersten Mal auch in der bayerischen Landeshauptstadt München zu sehen.
Bereits bevor sich der Vorhang bei der Premiere in München zum ersten Mal hebt, spürt man die hohe Erwartungshaltung der Zuschauer im ausverkauften Deutschen Theater. In den Reihen teils fragende Gesichter. Wird das von Vielen mit Spannung erwartete Gastspiel von Stage Entertainment in Kooperation mit den Vereinigten Bühnen Wien dem selben Anspruch der früheren En-suite Produktion gerecht werden?
Die meisten Zuschauer an diesem Abend begeben sich nicht zum ersten Mal mit Professor Abronsius (Victor Petersen) und seinem fast schon niedlich wirkenden Assistenten Alfred (Tom van der Ven) auf die fiktive Reise ins winterliche Transsilvanien, um dort nach den lebend-toten Blutsaugern, die man in ihrer Heimat Königsberg bisher nur aus verstaubten Büchern kannte, zu suchen.
Auf ihrem Weg machen die Beiden zunächst Station in einem Wirtshaus. Während Abronsius, getrieben von seinem unendlichen Wissensdrang, sich über Knoblauch in allen Ecken des Hauses wundert, verliebt sich Alfred in die hübsche Tochter Sarah (Veronika Appeddu). Schnell stellt sich heraus, dass er nicht der Einzige ist, der Gefallen an der jungen Frau gefunden hat. Mitten in der Nacht, als die zierliche Sarah gerade ein Bad nehmen will, taucht plötzlich der furchterregende Graf von Krolock (Thomas Borchert) auf, um sie zum Mitternachtsball in sein Schloss einzuladen. Auf der Suche nach Freiheit ergibt sich Sarah ihrem Schicksal und folgt dem Blutsauger auf sein Anwesen. Eine turbulente Geschichte um Verführung, Macht und den Sinn des Lebens beginnt.
Durch den Einsatz eines raffinierten Bühnenbildes (William Dudley), bei dem im Vergleich zu früheren Aufführungen des Musicals nur wenig verändert wurde, gelingt es in Kombination mit trickreichen Projektionen den Zuschauer innerhalb weniger Sekunden an die unterschiedlichsten Orte zu entführen. Eben noch im opulenten Wirtshaus, befindet man sich ein paar Augenblicke später schon in der imposanten Gruft des Grafen.
Aber nicht nur das Bühnenbild sondern auch die Besetzung des Abends kann sich sehen lassen. Mit Thomas Borchert konnte ein ganz besonders charakterstarker Darsteller für die anspruchsvolle Rolle des Grafen von Krolock, an der sich schon viele Schauspieler im wahrsten Sinne des Wortes die Zähne ausgebissen haben, gefunden werden. Schon mehrere hundert Male zuvor verkörperte Borchert die oftmals auch als Königsdisziplin des Musicals bezeichnete Rolle.
Überraschend überzeugend an diesem Abend aber nicht nur seine Exzellenz der Graf, auch Professor Abronsius, gespielt von Victor Petersen, gelingt es mit viel Humor das Publikum immer wieder zum Lachen zu bringen. Gar nicht so einfach, bedenkt man, dass sich hinter dem alten Greis mit hohem Spielalter eigentlich ein junger Mann versteckt, der gerade erst sein Studium an der Theaterakademie August Everding in München beendet hat.
Für viele Zuschauer vermutlich gewöhnungsbedürftig Veronika Appeddu als Sarah. Die junge Italienerin, die 2012 den Italy Award als beste Schauspielerin gewann, schafft es zwar schauspielerisch zu überzeugen, kommt aber neben dem stimmgewaltigen Thomas Borchert im Duett kaum zur Geltung. Insbesondere ihr starker Akzent macht es an manchen Stellen schwer sie zu verstehen.
Ein kleiner Wermutstropfen, den man aber fast verzeihen mag in Anbetracht des ansonsten stimmgewaltigen Ensembles, das sich mal melancholisch, dann wieder heiter zu prägnanten Melodien in teils rasanten Choreographien über die Bühne bewegt.
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Benjamin Kramer - 13. Oktober 2016 ID 9620
TANZ DER VAMPIRE (Deutsches Theater München, 06.10.2016)
Besetzung:
Graf von Krolock ... Thomas Borchert
Sarah ... Veronika Appeddu
Professor Abronsius ... Victor Petersen
Alfred ... Tom van der Ven
Magda ... Merel Zeeman
Rebecca ... Yvonne Köstler
Chagal ... Nicolas Tenerani
Herbert ... Milan van Waardenberg
Koukol ... Paolo Bianca
u.v.a.
Münchner Premiere: 6. Oktober 2016
Weitere Termine: bis 15. 1. 2017
Weitere Infos siehe auch: http://www.deutsches-theater.de
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