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nachDRUCK # 5

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Opernkritik

Ein hohes Lied

auf die (Dicht-)

Kunst



(C) Theater Bonn

Bewertung:    



Gleich zu Beginn hat der Teufel seinen furiosen Auftritt: Bereits in Orpheus in der Unterwelt sei er verhöhnt worden, da könne er es nicht dulden, dass Offenbach sich in seinem neuen Werk wieder über ihn lustig mache. Also will er dieses Werk zerstören und berichtet, er habe die Oper, in der die Uraufführung stattfinden sollte, abbrennen lassen. Das hält aber in der Bonner Oper niemanden davon ab, Hoffmanns Erzählungen dennoch zu geben. Und so lassen Regisseur Renaud Doucet und Ausstatter André Barbe Offenbachs Oper in einem dekorativ halbverbrannten Theater-/Bühnenraum spielen, in den für die einzelnen Akte wechselnde Kulissen gebaut werden. So schnell lässt man sich hier eben nicht entmutigen. Das ist gewissermaßen auch das Motto des Abends: Es gilt der Kunst bzw. ihrer Verteidigung gegen alles Böse, Gemeine und Niederträchtige. Und so regnet es immer mal wieder weiße Blätter aus dem Bühnenhimmel, die von den Protagonisten fleißig eingesammelt werden, oder es werden Notenblätter aus dem vermeintlich zerstörten Werk entdeckt. Fazit: Die Kunst lässt sich nicht zerstören, sondern erfindet sich aus sich selbst heraus immer wieder neu. Da kann auch der Teufel nichts gegen ausrichten.

Vor allem aber ist Hoffmanns Erzählungen an der Oper Bonn ein opulentes Schauwerk mit durchweg sehr gut aufgelegten Sängern, die auch Lust haben, zu spielen. In Sachen Figurenregie ist das alles nichts bahnbrechend Neues, aber es ist sehr kurzweilig erzählt, mit viel Liebe fürs Detail. Im zweiten Akt etwa, in dem Hoffmann seine Liebe zu der Automatenpuppe Olympia Revue passieren lässt, tanzen zusätzlich noch einige Statisten mit wundervollen mechanischen Applikationen über die Bühne. Das sorgt beim Publikum für einige – leider auch lautstark geäußerte – Aha- und Oho-Effekte, ebenso wie im vierten Akt, wenn die Kostüme etwas frivoler werden. Der dritte Akt dagegen kommt mit sehr viel Ruhe daher und ist so etwas wie das Kraftzentrum der Aufführung, die mit knapp vier Stunden und zwei Pausen eine staatliche Länge hat. Das Geschehen rund um Antonia, die Sängerin, die nicht singen darf, spielt auf einer Bühne, die ganz in Weiß getaucht ist. Als herrlicher Kontrast zu dem wuseligen Bühnengeschehen im vorherigen und im folgenden Akt konzentriert sich hier alles auf wenige Protagonisten. Zudem gibt Charlotte Quadt in ihrem kurzen Auftritt eine herzzerreißende Mutter Antonias.

Auch musikalisch überzeugt Hoffmanns Erzählungen voll und ganz. Hervorzuheben aus dem sehr guten Sängerensemble wäre vielleicht noch Mark Morouse, der u.a. als Lindorf stimmlich und szenisch einen vortrefflichen Gegenspieler zu Sébastien Guèzes Hoffmann abgibt. Dirigent Hendrik Vestmann leitet Orchester [Beethoven Orchester Bonn] und Ensemble zielsicher und mit hoher Energie durch den Abend. Für die Ohren ein Genuss, an dem es wenig auszusetzen gibt.

Hoffmanns Erzählungen an der Oper Bonn: eine Hommage an die Fantasie und an die Schaffenskraft der Kreativität. Und so stehen sie am Ende alle vereint auf der Bühne, egal ob Bösewicht, verliebter Dichter, eitle Diva oder einfacher Bürger, und halten eine Seite des Kunstwerks in der Hand und demonstrativ nach oben. Der Schöpfer stirbt, wird in Bronze verewigt oder gerät in Vergessenheit: Die Kunst bleibt.



Luther (Rolf Broman), Hoffmann (Sébastien Guèze), Nicklausse (Susanne Blattert), Offenbach (Christian Georg) und Chor in Hoffmanns Erzählungen an der Oper Bonn - Foto (C) Thilo Beu

Karoline Bendig - 17. April 2015
ID 8580
HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN (Theater Bonn, 12.04.2015)
Musikalische Leitung:  Hendrik Vestmann 
Inszenierung:  Renaud Doucet
Bühnenbild und Kostüme:  André Barbe
Licht: Guy Simard
Mit: Sébastien Guèze (Hoffmann), Kathrin Leidig (La  Muse, Nicklausse), Netta Or  (Olympia,  Antonia, Giulietta, Stella), Mark Morouse  (Lindorf,  Coppélius, Dapertutto, Dr. Miracle), Christian Georg (Cochenille,  Pitichinaccio, Frantz), Priit Volmer  (Luther,  Crespel), Johannes Mertes  (Andrés,  Spalanzani), Charlotte Quadt  (Stimme der Mutter Antonias), Enrico Döring (Hermann), Jonghoon You  (Nathanael), Sven Bakin  (Wolfram, Schlémil) und Boris Beletskiy (Wilhelm) sowie den Tänzerinnen Nathalie Brandes, Melanie Garbrecht, Birgit Mühlram, Anna Pavlova, Miriam Röder und Léonie Thoms
Chor und Statisterie des Theater Bonn
Beethoven Orchester Bonn
Premiere war am 15. März 2015
Weitere Termine: 19., 25. 4. / 7., 13., 17. 5. / 12., 17., 21. 6. 2015


Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-bonn.de


Post an Karoline Bendig



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