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Wolfgang Stefan Schwaiger (Lescaut, Manons Cousin), Zuzana Marková (Manon Lescaut), Julian Schulzki (der Wirt, der Pförtner, der Groupier) in Manon an der Oper Köln | Foto © Bernd Uhlig

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Ein Hauch von Glamour im Wartesaal des Lebens: Die junge Sitzende vor der Poststation hat das gewisse Etwas. Doch Manon, jene unerfahrene junge Frau aus der Provinz, soll von ihrem Cousin Lescaut für ihr weiteres Leben in einem Kloster untergebracht werden. Manons Familie missfällt es, dass sie zu sehr das Vergnügen liebt. Aber der Cousin lässt Manon vor der Poststation alsbald einige Momente unbeobachtet. Prompt machen reiche Lebemänner Manon Avancen, und der Student Chevalier Des Grieux verliebt sich Hals über Kopf in sie. Manon nutzt die Gelegenheit und flieht mit dem Chevalier nach Paris in der Hoffnung auf ein freieres, schillernderes und luxuriöseres Leben.

*

Jules Massenets Oper Manon (1884) über die Belle de jour einer oberflächlichen Belle Époque wird an der Oper Köln ansprechend mit effektvollen Bildern dargeboten. Die fünf Akte, in denen wir an unterschiedlichen Schauplätzen den Aufstieg und den schlussendlichen Absturz Manons erleben, werden ungewöhnlich und mit Liebe zum Detail in Szene gesetzt. Die 23 Meter breite Bühnenkonzeption beleben künstlerische Videoprojektionen. Wenn etwa Manon und der Chevalier des Grieux nach längerer Trennung in einem Kloster wieder aufeinandertreffen, sehen wir im Hintergrund großformatig einen leblosen, liegenden Körper. Das eingeblendete, sehr körperliche Kruzifix erinnert an die Endlichkeit des Lebens. Vor der adrett geschminkten und im roten Kleid elegant ausstaffierten Manon mutet jedoch sogar das Kruzifix als bloßes Dekor an, das hier mit Manons Verführungskunst effektvoll kontrastiert.

Die ganze Szenerie dreht sich stets um Manon, die auf ihre Umwelt eine enorme Wirkmacht genießt. Gerne steht sie auch aufgrund ihres Sinnes für Mode glanzvoll im Rampenlicht und genießt die Bewunderung der Anderen. Kapriziös, sinnlich und mondän facht sie das Verlangen der Männer an. Sie sehnt sich nach Amüsements und Lustbarkeiten; Treue und Beständigkeit langweilen sie hingegen schnell. Auch über die Gefühle anderer geht sie gerne oberflächlich hinweg.

Die Tschechin Zuzana Marková verkörpert die kokette, eitle und egozentrische Titelfigur bravourös und anmutig. Mit beweglichem, höhensicherem Sopran meistert sie die Arien „Je marche sur tous chemins“ und „Obéissons quand leur voix appelle, aux tendres amours“ nuanciert - mal schmetternd, flink und staccatohaft und mal sanft girrend und virtuos in Koloraturen gipfelnd. Der Brasilianer Atalla Ayan mimt den Chevalier des Grieux solide als rastlos Liebenden, der stets nur danach trachtet, Manons Wünsche optimal zu erfüllen und sie glücklich zu machen. Voller Leichtigkeit in der Tenorstimme und wunderbar strahlend sorgt er im dritten Akt im Priesterseminar von Saint Sulpice für wohliges Gänsehaut-Feeling. Auch Wolfgang Stefan Schwaiger als Manons Cousin Lescaut und der russische Bass Nicolay Didenko in der Rolle des Vaters vom Chevalier des Grieux überzeugen mit geschmeidigem stimmlichem Ausdruck und dynamischem Spiel. Die stimmungsvolle Instrumentierung vom Gürzenich-Orchester Köln lässt Wellen wiederkehrender musikalischer Phrasen sanft erschauern.

Gesprochene Dialoge mit und ohne Orchesterbegleitung gehen nahtlos über in Rezitative und Arien. Serge Gainsbourgs gegen Ende vom Band eingespielter Schlager „Manon“ wirkt etwas gefällig effekthascherisch. Gainsbourg haucht in seinem Chanson in gleicher Tonlage immer wieder den Frauennamen und legt die Betonung dabei stets auf die zweite Silbe „Ma-non“. Es hätte den Song nicht gebraucht, um anzudeuten, dass Hassliebe entstehen kann, wenn Liebe und Narzissmus allzu vermengt Hand in Hand gehen. Immerhin führt der Schlager noch einmal bezeichnend vor, dass männliche Schöpfer gerne Verführerinnen als Femmes fatale inszenieren, die sie in den Untergang reißen. Die zeitlose Geschichte einer flirrenden Amour fou voller Anbetung und Verachtung wirkt insgesamt auch aufgrund der schwelgerischen und leicht kontrastarmen Musik arg vorhersehbar. Spannungsmomente schafft die, von Johannes Erath in die 1950er Jahre verlegte Inszenierung nichtsdestotrotz insbesondere durch starke Bilder mit einem großen, gut aufgelegten und geschmackvoll ausgestatteten Ensemble.



Manon an der Oper Köln | Foto © Bernd Uhlig

Ansgar Skoda - 20. März 218
ID 10595
MANON (Staatenhaus, 15.03.2018)
Musikalische Leitung: Claude Schnitzler
Inszenierung: Johannes Erath
Bühne: Herbert Barz-Murauer
Kostüme: Gesine Völlm
Video: Bibi Abel
Licht: Nicol Hungsberg
Chorleitung: Sierd Quarré
Ballett-Choreografie: Athol Farmer
Dramaturgie: Georg Kehren
Besetzung:
Manon Lescaut … Zuzana Marková
Poussette … Menna Cazel
Javotte … Marta Wryk
Rosette … Dara Savinova
Chevalier des Grieux … Atalla Ayan
Graf des Grieux, dessen Vater … Nikolay Didenko
Lescaut, Manons Cousin … Wolfgang Stefan Schwaiger
Guillot de Morfontaine … John Heuzenroeder
de Brétigny … Insik Choi
Wirt, Pförtner, Croupier … Julian Schulzki
Zwei Gardisten … Zenon Iwan und Kevin Moreno
Tänzerin Double Manon … Franziska Gassmann
Tänzer Double Des Grieux … Ivica Novakovic
Akkordeonist … Marko Kassl
Chor der Oper Köln
Gürzenich-Orchester Köln
Premiere an der Oper Köln: 4. März 2018
Weitere Termine: 23., 25., 31.03. / 02.04.2018


Weitere Infos siehe auch: http://www.oper.koeln


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