Hochzeit
auf
indischer
Pizza
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Vasco da Gama an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Bettina Stöß
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Bewertung:
Der große Meyerbeer-Zyklus der Deutschen Oper Berlin nimmt wohl ab jetzt so richtig Formen an. Das mit der konzertanten Dinorah-Aufführung letzten Herbst war nur dann so als Einstieg, Vorspiel zur Gesamtmaterie zu begreifen; aber das, was nun (noch) folgt und folgen wird, lässt unsereiner schon erzittern. Die Afrikanerin, Die Hugenotten, Der Prophet = alles bis übernächstes Jahr! Respekt, Respekt.
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Gestern - im weiten Umfeld der erstaunlichen Premiere von Vasco da Gama [früher halt als Afrikanerin landauf-landab gespielt] - konnte man sich einer weit über 250 Seiten starken und in Leinen gebundenden Publikation zum sog. Symposion zu Leben und Werk von Giacomo Meyerbeer, das vom 29. September bis 1. Oktober 2014 in der Tischlerei der DOB stattfand, bemächtigen. In diesem lesenswerten Buch kriegt man, sogar als Laie, rundum Vieles und auch viel Erklärliches zur Werkstatt jenes in der jüngsten Zeit verstärkt reanimierten Komponisten und Allroundgenies vermittelt. Dort wird auch umfassend aufgeklärt, weshalb z.B. dessen Afrikanerin nunmehr als Vasco dargeboten wird u.v.m.
Wir wollen/müssen uns wie folgt - und in bewusster Ausgrenzung der stückeinhaltlichen Nacherzählung - kurz auf das, was am Premierenabend auf der Bühne so zu sehen und zu hören war, verständigen und hoffen möglichst nicht vom Thema weiter abzuschweifen...
Fünf gewaltig-lange Stunden Große Oper, in fünf Akten, mit zwei Pausen - solche Dimensionen ist der Opernfan normalerweise nur von "seinem" Wagner her gewöhnt. Dass Letzterer den Meyerbeer zunächst vergötterte bevor er ihn verachtete sowie sein Werk als "Judentum in der Musik" brandmarkte, wurde von zig Schriftgelehrten oder anderweitigen Experten, die sich diesem Dauerzwist zwischen den beiden Ausnahmeathleten ihrer Zunft ausgiebigst widmeten, als Dauerauszuschlachtendes mit Dank und Kusshand angenommen. Jetzt - will sagen gestern Abend - bleibt zu konstatieren: Vasco hört sich prächtig an, der Opernfluss (zumindest bis zum fünften Akt) scheint nahtlos, es gibt herrlich-schöne Arien, großartige Chöre, ein von kammermusikalisch bis dicktuttimäßig ausgehaltenes Orchester; kurzum: Zu Rienzi oder Tannhäuser, die beide auch noch Quasi-Nummern-Opern waren, kann man qualitätsmäßig wenig bzw. keinen großen Unterschied erkennen - eher könnte der geneigte Wagnerianer gar zur Annahme gelangen, dass der Meyerbeer mitunter viel, viel fantsievoller und klüger komponierte als sein "jugendlicher Freund".
Im fünften Akt jedoch - da zieht es sich dann schon bedenklich lang und länger hin. Es gibt zwei Riesenmiezenarien und (davor; war es davor?) einen gigantisch großen und/oder kaum singbaren Tenorauftritt. Das Alles ohne jedes Bindemittel. Dreifach, dreimal Riesenlangweile - und obgleich dann jede der drei Nummern eigentlich ganz gut klingt.
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Vasco da Gama an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Bettina Stöß
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Startenor Roberto Alagna (als Vasco) wurde als "erkältet" angekündigt, schlug sich aber allertapferst durch.
Nino Machaidze (Ines) sowie Sophie Koch (Selica) waren die zwei um den Vasco um die Wette buhlenden zwei Miezen in dem wirren Stück.
Sensationtionell, untoppbar: Markus Brück (Nelusco)!!
Hochgrandios singender/spielender Chor sowie Extrachor der Deutschen Oper Berlin; dessen Einstudierung besorgte William Spaulding.
Enrique Mazzola dirigierte das in Bestform musizierende Orchester der Deutschen Oper Berlin.
Regisseurin Vera Nemirova aktualisierte die verquaste Handlung mit Versatzstücken zu solchen "Unterthemen" wie z.B. Flüchtlinge oder IS. Nach hinten hin (zum 5. Akt) fiel ihr entweder nichts mehr ein, oder sie hatte keine Lust mehr auf die szenografische Bezwingung des ihr vorstehenden Handlungsshits.
Jens Kilian's Bühne mit den großen Segeln sah schon imposant aus - doch sein wie 'ne Pizza aussehendes Hochzeitsbett im großen Indien-Bild [s.o.] schien nicht das Gelbe vom Ei zu sein.
Gigantischer Jubel nach einer gigantischen Produktion!!
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Andre Sokolowski - 5. Oktober 2015 ID 8914
VASCO DA GAMA (Deutsche Oper Berlin, 04.10.2015)
Musikalische Leitung: Enrique Mazzola
Inszenierung: Vera Nemirova
Regie-Mitarbeit: Sonja Nemirova
Bühne: Jens Kilian
Kostüme: Marie-Thérèse Jossen
Choreografische Mitarbeit: Bharti Ramdhoni und Silke Sense
Video: Marcus Richardt
Chöre: William Spaulding
Dramaturgie: Jörg Königsdorf
Besetzung:
Don Pedro, Rat des Königs von Portugal ... Seth Carico
Don Diego, Admiral ... Andrew Harris
Ines, dessen Tochter ... Nino Machaidze
Vasco da Gama, Seeoffizier ... Roberto Alagna
Don Alvar, Ratsherr ... Clemens Bieber
Der Großinquisitor ... Dong-Hwan Lee
Nelusco, Sklave ... Markus Brück
Selica, Sklavin ... Sophie Koch
Der Oberpriester der Brahmanen ... Albert Pesendorfer
Anna ... Irene Roberts
1. Matrose ... Paul Kaufmann
2. Matrose ... Gideon Poppe
3. Matrose ... Thomas Lehman
4. Matrose / Gerichtsdiener ... Michael Adams
Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Premiere war am 4. Oktober 2015
Weitere Termine: 7., 11., 15., 18. + 24. 10. 2015
Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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