Erstens Meier,
zweitens
Harteros
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Klaus Florian Vogt als Lohengrin an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Marcus Lieberenz
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Bewertung:
Wir erinnern uns ganz vage an das überbordnerische Sieg-und-Heil-Geschrei aus Wagners Lohengrin, das seiner Zeit - anlässlich der Premiere in der Deutschen Oper vor drei Jahren - Inszenierer Steffen Aarfing überdeutlich rauszuarbeiten und zu betonen sich bemüßigt sah. Alles in Allem allerdings bleibt es: ein kostümiertes Stehkonzert.
Jetzt waren wir in erster Linie auf die beiden Diven, die sowohl als Ortrud wie als Elsa angekündigt wurden, mordsmäßig gespannt - bis kurz vor Spielbeginn stellten wir uns dann auch diese nicht unwichtige Frage, ob die Beiden dann auch wirklich (unverhindert!) zu dem Doppelauftritt kommen würden, und - tatsächlich waren sie zugegen: Waltraud Meier wie Anja Harteros:
Ja, es muss sonach mit Fug und Recht behauptet werden, dass der Zweite Akt mit jener Großbegegnung der Protagonistinnen (Ortrud versucht sich heimtückisch mit Elsa anzufreunden, um sich ihr gleichsam was später vor dem Münster in den Weg zu stellen) zu dem Höhepunkt der viereinhalbstündigen Aufführung geriet. Die Meier kann in dem Bezug natürlich deutlich höher punkten, nicht nur was ihre Gestaltung dieser Bösewichtin anbelangt; sie hat die Rolle - eine ihrer allerbesten, wie man weiß - seit Ewigkeiten drauf und ist mit ihr derart verwachsen, dass sich Konkurrenz für sie seit Jahren und Jahrzehnten nie groß einstellte. Die heiklen Höhen und anhaltenden Fortissimi, welche sie außerdem im eruptiven Ortrud-Ausbruch der Verzweiflung kurz vor Stückschluss stemmen muss, gelingen ihr noch immer meisterhaft; kurzum: die Meier war und ist und bleibt ein echter Hype!
Harteros - die v.a. durch das Italienische (Verdi, Puccini) Hochberühmtgewordene - singt auch, und zwar nicht selten, sog. deutsches Fach; die DOB versorgt sie dahingehend regelmäßig und ganz frei nach ihren Präferenzen (Marschallin und Ariadne, beispielsweise). Auch die Elsa zählt sie seit paar Jahren als ihr Repertoire - die Rolle bietet, außer ein Gefühl von großer Langeweile zu verströmen, üppige Lyrismen also schöne leise und ausladend-melodiöse Zwischen- oder Großmomente: das kann die Harteros sehr, sehr gut. [Allein: Mit dieser grauenhaften Blondperücke aus der Aarfing-Inszenierung sieht sie so was von bescheuert aus, dass man die Augen besser wohl verschließen sollte, um ihr eigentlich doch schönes Antlitz nicht total gedemontiert zu kriegen.]
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Der geflügelte Klaus Florian Vogt hat einen guten Abend erwischt: Er singt den Lohengrin so wunderschön und klar, wie immer eigentlich; ja, es ist SEINE Rolle.
Günther Groisböck (Heinrich) fiel dann außerdem noch positiv aus allen Rahmen: tiefgrollender, scharfkantiger Bass mit hoher Textverständlichkeit.
Sir Donald Runnicles hat, wie man deutlich hören konnte, eine Art von Unkonzept für Wagners urromantischen Spezialerguss - nichts schwebt, nichts fließt, nichts flirrt. Dass er halt seinen Taktstock, und zu allen richtigen Momenten, hoch und runter und nach rechts und links bewegt, muss dem Orchester der Deutschen Oper für die "Ausgestaltung" dieser zwiespältigen Partitur genügen.
Trotzdem ausverkauftes Haus, die Leute tobten vor Begeisterung.
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Einzug ins Münster beim Lohengrin an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Marcus Lieberenz
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Andre Sokolowski - 26. April 2015 ID 8600
LOHENGRIN (Deutsche Oper Berlin, 25.04.2015)
Musikalische Leitung: Donald Runnicles
Inszenierung: Kasper Holten
Bühne und Kostüme: Steffen Aarfing
Licht: Jesper Kongshaug
Chöre: William Spaulding
Besetzung:
Heinrich der Vogler ... Günther Groissböck
Lohengrin ... Klaus Florian Vogt
Elsa von Brabant ... Anja Harteros
Friedrich von Telramund ... John Lundgren
Ortrud ... Waltraud Meier
Der Heerrufer des Königs ... Bastiaan Everink
1. Brabantischer Edler ... Paul Kaufmann
2. Brabantischer Edler ... Álvaro Zambrano
3. Brabantischer Edler ... Noel Bouley
4. Brabantischer Edler ... Thomas Lehman
Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Premiere war am 15. April 2012
Weitere Termine: 31. 1. / 14. 2. / 5., 8. 5. 2016
Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de
Post an Andre Sokolowski
http://www.andre-sokolowski.de
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