Und Gabby
wartet im
Heinepark...
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Es soll Leute geben, die sich neben dem TFF in Rudolstadt auch noch für die Umgebung der thüringischen Kleinstadt an der Saale interessieren. So lädt es sie z.B. auch zu einem Wandel auf Schillers Spuren rund um die Rudolstädter Rivera genannte Gegend ein. In diesem Jahr gerät bei Temperaturen um die 35 Grad allerdings schon der fröhliche Wechsel von Bühne zu Bühne zwischen Heinepark, der schönen Innenstadt und der Heidecksburg hoch über Rudolstadt - und das zu Fuß (!) - zur Tour de Force. Gerade noch bei 9Bach auf der Heidecksburg muss man schon wieder den Marsch in den Park antreten, wo ja nach Udo Jürgens' selig-bekanntlich Gabi wartet.
Mit Gabi ist in diesem Fall die Britin Gabby Young mit ihren Other Animals gemeint. Eine burleske Truppe, die mit ihren schrägen Songs und Kostümen, die zwischen den fantastischen Tiger Lillys und barocker Barbarella changieren, da waren. Mit glockenheller Stimme und Blumen im Haar schlug Gabby ihre Fans am Freitagabend vor der Konzertbühne nach dem ersten vollen Hitzetag in ihren Bann. Nach kurzem Regenguss hatte da schon die spanische Gianna Nannini den Folkis wieder eingeheizt. Sés aus Galizien stand ihrem italienischem Vorbild in nichts nach und reihte sich umstandslos in den Reigen der großen Frauenstimmen am zweiten Festivaltag ein. Songs quer durch die Musikwelt der iberischen Halbinsel wechselten sich mit gut abgehangener Rockmusik und einigen feministischen Statements ab. Gut so.
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Gabby Young | Foto (C) Stefan Bock
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Fast noch besser war zuvor auf der Heidecksburg die walisische Band 9Bach, die im klassischen Sinne nichts mit dem Leipziger Barockkomponisten zu tun hat, sondern mit wunderbar melancholischer Folkmusik aus dem Südwesten der britischen Insel. Lisa Jen gab bei glühender Nachmittagshitze eine Lehrstunde in walisischer Sprache, angefangen beim Alphabet bis zu einigen Mitsingversen fürs gebannte Publikum, das sich teils an die schattenspendenden Wände des Burghofs gedrückt oder direkt vor der Bühne platziert hatte. Wer es nicht aushielt, konnte sich unter den Bäumen der unteren Burgterrasse ausruhen und von dort trotzdem den meditativen Klängen des deutsch-libanesischen Orient-Projekts Masaa lauschen. Die Band um den Sänger Rabih Lahoud hatte sich zur Verstärkung noch die Israelin Yael Deckelbaum geholt, die bereits mit ihrer Frauenband Habanot Nechama 2009 in Rudolstadt gastierte. Eine freud- und friedvolle Völkerverständigung der musikalischen Art.
Das Highlight des Abends war aber mit Sicherheit die „Neue Stimme Amerikas“, die mit Rhiannon Giddens den Freitag der Frauen krönte. Die junge Sängerin aus dem Süden der USA führte mit ihren Liedern durch mindestens ein Jahrhundert amerikanische Folkmusik. Mit ihrer frischen an Joan Baez oder Joni Mitchell erinnernde Stimme interpretierte sie Songs von Nina Simon, Countrygrößen wie Dolly Parten oder Patsy Cline und natürlich Bob Dylan genauso gut wie Folk-, Blues- und Gospelklassiker, die in Deutschland u.a. durch den Filme der Coen-Brüder bekannt sind. Damit stellte sie den eigentlichen Headliner des Abends, den großen alten Mann des Mali-Blues, Salif Keita, mit seinen Ambssadeurs in den Schatten der großen Bühne im Heinepark.
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Der Trommler der Band Coetus | Foto (C) Stefan Bock
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Neben dem Schwerpunkt norwegischer Musik war der Auftakt des 25. TFF auch recht jazzlastig. Der Sound zog sich in den verschiedensten Varianten durch die erste Hälfte des Festivals. Am Donnerstagabend gab es zur Eröffnung das, was man gemeinhin als Fusion bezeichnen würde. Die Rhythmuskings Sly & Robbie, die bereits Black Uhuru oder die Rolling Stones begleiteten, haben sich mit dem norwegischen Jazz-Trompeter Nils Petter Molvaer zusammengetan und ein relaxtes Programm zwischen Free-Jazz-Improvisationen, Elektrobeats sowie Samples und jazzy Remixen bekannter Rockklassiker der Stones oder Deep Purple entwickelt. Dagegen konnte der blecherne Klang der hochgelobten Elektro-Swinger Caravan Palace, die nach den iberischen Trommler der Band Coetus die große Bühne im Heinepark enterten, nicht überzeugen. Die Tanzwütigen unter dem Festivalvolk wird das nicht weiter stören. Ob Klezmer-Punk mit Ramzailech aus Israel, magischen Zittern oder diatonische Akkordeon-Klänge mit Ferro Gaita von den Kapverdischen Inseln, getanzt wird immer beim TFF in Rudolstadt.
[Fortsetzung folgt…]
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Ramzailech | Foto (C) Stefan Bock
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Stefan Bock - 4. Juli 2015 ID 8744
Weitere Infos siehe auch: https://tff-rudolstadt.de
Post an Stefan Bock
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TFF Rudolstadt 2015 (Fazit)
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