Kölner Fest für Alte Musik | 17.03.-02.4.2017
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FUGIT
zum Zweiten
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Edward John Semon in FUGIT | Plakatmotiv: Zamus
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Bewertung:
Letztes Jahr um ungefähr diegleiche Zeit stemmte das Kölner Zamus (= Zentrum für Alte Musik) in Zusammenarbeit mit der katalanischen Straßentheatergruppe Kamchàtka das interaktive Musiktheater FUGIT - mit Erfolg und Ausstrahlung; es würden sich jetzt, wie es heißt, sogar andere Städte (außer Köln) für das Projekt interessieren...
Zwischenzeitlich ist die Welt schon wieder in rasanter Progression: Der syrienkriegsbedingte Flüchtlingsstrom, so wie wir ihn vor einem Jahr noch hatten, ist zwar (hierzulande) deutlich abgeebbt, was für die allgemeine Stimmungslage (hierzulande) sicher nicht von Nachteil ist; aber die Ganzheit der Probleme und der Ursachen für die Probleme hat sich nicht im Mindesten geändert: Syrien steckt in einem bluttriefenden Dauerchaos, kaum dass man die Gruppen und Gruppierungen, die sich dort todesfeindlich gegenüber stehen, irgendwie noch auseinander halten kann, und - so wie meistens, wenn es auf dem Globus brennt - inflationieren die Gewalt sowie der Terror "nur noch" stellvertreterkriegsmäßig, Russland, die USA und ihre jeweiligen (nicht nur militärischen) Verbündeten geben den Ton inzwischen an. Kein Frieden steht in naher Aussicht.
Völlig neu ist freilich, was die USA unter dem seit neun Wochen arbeitenden Präsidenten alles so für bisher nie gehörte Ansichten auf Lager haben: Flüchtlinge bzw. Flüchtende haben da plötzlich keine guten Karten mehr - das einst berühmteste Einwanderungsland auf der Welt ist drauf und dran, zur Festung seiner neu bestimmten Trump-Ethik, "America first", zu werden usw. usf.
Gut, dass es - wenn man jetzt der allgemeinen und konkreten Flut an Negativa trotzend und mit Lust begegnen wollte - dieses FUGIT aus dem Vorjahr (was noch immer aktuell oder vielleicht gar aktueller noch denn je zu seien scheint) zum wiederholten Male gibt!
Das Publikum wird hier zum Mitwirkenden. Es erlebt den Sog von Fluchtbewegungen, ist diesem quasi ausgesetzt. Die Leute von Kamchátka liefern, rein situativ, so eine Art von Steilvorlage - und das irgendwie doch unvermittelt in etwas hineingerat'ne Publikum muss sich entscheiden, ob es dieser Partisanentruppe traut; doch letztlich hat es keine Wahl und keine andre Chance als ihr blindwegs zu vertrauen; was auch prompt erfolgt. Kulminationspunkt dieser zweistündigen Fluchtbewegung durch Köln-Ehrenfeld ist jener "Blinden-Gänsemarsch" zum Helios-Haus, wo Einem justament die Schlummerarie aus der Bach-Kantate Ich habe genug empfängt:
Trance und Verheißung.
* *
Und in den Balloni-Hallen gab es außerdem [als weiteren Programmbestandteil des noch bis zum 2. April stattfindenden Kölner Fests für Alte Musik] Mozarts Zauberflöte - in einer Fassung für Blasinstrumente - zu erleben. Die genialen Ausführenden: das Ensemble Vecchio Legno.
Mega-Gag dieses Events jedoch: Guildo Horn als Papageno.
Der Entertainer führte, außer dass er die drei Papageno-Liedchen bravourös über die Bühne brachte, auch noch durch die Handlung der gesamten Oper.
Aber statt dann kräftig mit dem Rotstift für erleuchtende Entschlackung in dem schwachsinnigen Textbuch Schikaneders tunlichst Sorge getragen zu haben, zog sich das zitierte und zitierende Geplapper bis halb elf Uhr abends hin - - das war dann doch etwas zu viel des Guten.
Horn freilich vermochte seine eigene Aktion auf das Verarscherischste aufzumischen, ohne jemals stückbeleidigend gewesen zu sein.
Tosender Applaus.
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Andre Sokolowski - 26. März 2017 ID 9937
MUSICA FUGIT - Ein Interaktives Musiktheater (23.03.2017)
Musikalische Leitung: Michael Hell
Künstlerische Leitung: Adrian Schvarzstein
Gerlinde Sämann, Sopran
zamus-ensemble
Theatergruppe Kamchàtka
DIE ZAUBERFLÖTE (Balloni-Hallen, 25.03.2017)
Mozarts Meisteroper in Harmoniemusik
Guildo Horn (als Papageno)
Vecchio Legno Bläserensemble
Weitere Infos siehe auch: http://www.zamus.de
http://www.andre-sokolowski.de
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