Jazz in
gepflegter
Umgebung
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Bewertung:
Originelle Einfälle sind selten. Bei Kulturmanagern spricht man nicht von Plagiat, und was sie tun, ist nicht strafbar, aber dass sie sich mangels eigener Ideen von Konkurrenten inspirieren lassen, ist eher die Regel als die Ausnahme. Bei Filmfestivals sind es die Produzententreffen und die Castings, die Besucher neben deren eigentlichem Daseinsgrund anlocken und möglicherweise ganz nebenbei Einnahmen sichern sollen. Bei Musikfestivals diverser Genres sind es Meisterklassen, die dem Nachwuchs ein paar Tipps von den mehr oder weniger gefeierten arrivierten Künstlern verheißen.
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Im Südtiroler Meran gibt es seit 24 Jahren ein kleines, aber renommiertes Jazzfestival, und schon fünf Jahre nach seiner Gründung wurden Kurse angeboten, die, jedenfalls was die Dauer angeht, das Festival in den Schatten stellen. Zu Gast waren in Meran im Lauf der Jahre unter anderem Jan Garbarek, Al Di Meola, Dee Dee Bridgewater, Jack DeJohnette, Joe Lovano, Steve Swallow, Larry Coryell, Carla Bley – eine wahre Enzyklopädie des zeitgenössischen Jazz. Im ersten Jahr nach Corona besteht das Festival aus drei Konzerten im KIMM, dem Gebäude für Kultur in Meran Mais, der einstigen Friedrich-Ludwig-Jahn-Halle, in der man heute lieber musiziert als turnt.
Mit Kenny Barron trat heuer zwischen Konzerten von Quartetten der Italiener Maria Pia De Vito mit Songs unter anderem von Paul Simon und Bob Dylan und Franco D'Andrea mit dem eine Generation jüngeren Amerikaner Dave Douglas an der Trompete eine Legende der Jazzgeschichte auf. Die Gelassenheit, mit der der inzwischen 78jährige Pianist zwischen Locked Hands Akkorden und brisanten Läufen wechselte oder knappe Akzente setzte, bewies, dass der Bebop, anders als der New Orleans Jazz, keine Patina angesetzt hat. Das ist moderne, alterslose Musik. Nicht zufällig eröffnete Barron sein zweistündiges pausenloses Konzert mit einer Komposition von Thelonious Monk, dem begnadeten Erneuerer der Jazzharmonik. Mit Steve Nelson am Vibraphon, Peter Washington am Kontrabass und Jonathan Blake am Schlagzeug standen ihm kongeniale Instrumentalisten zur Seite. Sie hatten es nicht nötig, mit dem Publikum zu kokettieren. Konzentriert auf das durchweg anspruchsvolle musikalische Material, glänzten sie in den Soli ebenso wie im kollektiven Zusammenspiel.
Jazz vom Besten. Und drumherum Restaurants, deren Verführungen man beim Jazzfest Berlin vergeblich sucht.
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Thomas Rothschild – 16 Juli 2021 ID 13031
Weitere Infos siehe auch: https://meranojazz.it
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