Anal bei Aldi -
oder so
ähnlich
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Bewertung:
Das Tuntometer schlug stark aus am Premierenabend. Rosa sitzt zwischen pinken Lämpchen. Auch Georg, Volker und der niedliche Riccardo sind da. Das Entrée hebt an - ein Traum von süßer Streicher-Sahne umspült das Ohr - und dann geht der Vorhang auf für ein Werk, dessen Vollendung sich über Jahre hinzog - die Operette für zwei schwule Tenöre von Florian Ludewig und Johannes Kram.
Deren Story geht in etwa so: Tobi hängt die quirlig-queere Großstadt zum Halse raus, weshalb er in die ländliche Idylle flüchtet, wo er auf einem Schützenfest Jan kennenlernt, welcher wiederum mehr und mehr mit dem Landleben hadert. Es folgen vier Jahre Beziehung, in denen sich der eine mit Obsternte und Kerzendrehen neu erfindet, während im anderen die Zweifel am dörflichen Spießerdasein wachsen - bis es zum Knall kommt. Tobi und Jan - das sind Ricardo Frenzel Baudisch und Felix Heller - machen eine gute Figur, sowohl mit ihrem Spiel- bzw. lyrischen Tenor als auch darstellerisch. Unterstützt werden sie durch eine dreiköpfige „Company“ (Tim Grimme, Tim Olcay, Pascal Schürken), die tanzend, spielend, singend das Ganze aufpeppt.
Das schwule Herz lacht aus vollem Halse, erkennt sich in Situationen wieder, nickt gewagte Thesen ab, erfreut sich an der fetzigen Choreo (Michael Heller), schämt sich aber auch mal fremd, wenn sich Männerromantik und klanglicher Kitsch die Hände reichen. Die Stärke des Abends sind fraglos die frisch-frech-pointierten Texte von Johannes Kram. Doch leider wurden Songs wie „Champagner von Aldi“ und „Keiner bläst so gut wie du“ mit melodiösem Weichspüler behandelt. Selbst vor Zirkus- und Schunkelmusik schreckt Florian Ludewig nicht zurück. Vielleicht wäre es besser gewesen, ein kleines Salonorchester der extra eingespielten (und hörbar verschlimmbesserten) Konservenkost vorzuziehen.
In ihren besten Momenten erinnert die Produktion an die Programme des früheren Chanson- und Kabarett-Trios Malediva, dem Ludewig angehörte und das ebenfalls schwulen Beziehungsalltag thematisierte. Überwiegend hat man jedoch den Eindruck, dass sich dieses Stück hervorragend als Unterhaltungsprogramm für schwule Kreuzfahrten eignen würde - auch weil es im Grunde gar keine Operette ist, sondern eher ein queeres Dramedy mit seicht tönenden Musicaleinlagen.
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Heiko Schon - 8. Oktober 2021 ID 13194
OPERETTE FÜR ZWEI SCHWULE TENÖRE (BKA-Theater, 06.10.2021)
Musik und Musikalische Leitung: Florian Ludewig
Buch und Liedtexte: Johannes Kram
Chorleitung: Lili Sommerfeld
Chor-Arrangements: Ulrike Ludewig
Requisite und Produktionsassistenz: Sarah Wiechert
Schmuck: Miranda Konstantinidou
Kostüm: Cleo Niemeyer
Licht: Julia Fendesack
Produzenten: Uwe Berger, Sven Ihlenfeld, Johannes Kram und Florian Ludewig
Orchesterarrangements und Musikproduktion: Martin Rosengarten
Choreografie: Michael Heller
Regie: Johannes Kram und Marco Krämer-Eis
Besetzung:
Tobi ... Ricardo Frenzel Baudisch
Jan ... Felix Heller
Company ... Tim Grimme, Tim Olcay und Pascal Schürken
Premiere war am 6. Oktober 2021.
Weitere Termine: 08.-10., 13.-17.10.2021 // 19.-23., 26.-30.01., 02.-06.02.2022
Weitere Infos siehe auch: https://www.BKA-Theater.de/
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