Machtirrsinn und
Liebeswirrungen
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Xerxes an der Oper Bonn | Foto © Thilo Beu
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Bewertung:
Ein knallig überzeichnetes Bühnenbild mit puppenhaft ausstaffierten und sich bewegenden Figuren, Heeren von Pappsoldaten, exotischen Papptieren, stilisierten, weißen Wölkchen, beweglichen Palazzo-Wandsegmenten mit Torbögen... Der italienische Regisseur Leonardo Muscato verlässt sich in seinem Deutschland-Debüt auf eine eindrücklich durchgehaltene comicstripartige Ästhetik. Menschliche Leidenschaften, Sehnsüchte und Machtwahn werden hier konsequent nicht ernst genommen.
Georg Friedrich Händels 1738 in London uraufgeführtes Spätwerk Xerxes spielt um 480 v.Chr. Es handelt von der historischen Figur des persischen Herrschers Xerxes, der seinerzeit vernichtende Schlachten schlug. Mit aller Macht versucht er in dem operettenartigen Dreiakter hier jedoch recht ungeschickt die Liebe von Romilda zu erobern. Doch Romilda liebt seinen Bruder Arsamene, der ihrem kindlichen Charme auch zutiefst verfallen scheint. Arsamene ist jedoch auch das Objekt der Begierde von Romildas aparter Schwester Atalanta. Als dann auch noch Xerxes eifersüchtige Verlobte Amastre die Spielfläche betritt, scheint das Wer-mit-wem-Liebeschaos komplett. Intrigen und Missverständnisse treiben das Geschehen allzu kurios voran.
Die Vorführung beginnt recht vielversprechend mit der bekannten "Ombra mai fú"-Arie des Xerxes. Recht schnell eröffnet sich jedoch, dass dieser Titelheld als gefühlskalter Potentat selbstherrlich und wenig sympathisch agiert. Kostümbildnerin Katia Bottegal stattet Xerxes mit einer Generalsuniform, Sonnenbrille und Rauschebart aus. Seine Macht und narzisstische Überheblichkeit wird auch dadurch ausgedrückt, dass zunehmend überdimensionierte Pappstatuen seiner selbst das Bühnenbild bevölkern. Hier spielt Muscato auf das Phänomen des Führerkultes an, das bis in die heutige Zeit bei vielen autokratischen Herrschern zu finden ist; wohl am ausgeprägtesten bei dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un.
Die Interaktion zwischen den Figuren wird durch einen effektvollen Trick relativ ausgiebig behindert. Hat eine der Figuren etwas, was verborgen bleiben soll, mitzuteilen, klatscht sie in die Hände. Dann frieren die übrigen Figuren statuenhaft ein, und nur die Auslöser-Figur bewegt sich noch im Geschehen. Wenn sie nun wieder in die Hände klatscht erwacht die andere, in Pose verfallene Figur, und hat einige Sekunden oder eine Arie lang nichts mitbekommen.
Xerxes wartet an der Oper Bonn mit einem starken Frauenensemble auf, da auch prominente Rollen für Countertenöre mit Mezzosopranistinnen besetzt wurden. Die schwedisch-chilenische Sängerin Luciana Mancini gefällt in der Titelrolle ausdrucksstark und nuanciert. Auch Kathrin Leidig gestaltet ihre Hosenrolle des Arsamene formschön und expressiv. Marie Heeschen gibt eine köstliche Vorstellung als kokette und intrigante Schwester Atalante mit kraftvoll-präziser gesanglicher Bravour. Louise Kemény mimt die begehrte Romilda jungmädchenhaft mit knallgelber Perücke, kecken Minirock und solidem Ausdruck. Schlussendlich kann auch Mezzosopranistin Susanne Blattert als Amastre mit kleinen Abstrichen überzeugen.
Unter der Leitung von Rubén Dubrovsky gibt das klein besetzte Beethoven Orchester Bonn – freilich kein Barockensemble – eine temperamentvolle, pointierte und farbenreiche Interpretation.
Durch den Verzicht auf viele Arien, Rezitative und einen Chor ist die Bonner Aufführung etwa eine Stunde kürzer als das Original. Insgesamt fehlt es Muscatos Inszenierung etwas zu sehr an Tiefgang, auch da sich für das Publikum unter den recht eindimensional und comicartig gezeichneten Figuren keine wirklichen Sympathieträger finden.
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Xerxes an der Oper Bonn | Foto © Thilo Beu
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Ansgar Skoda - 21. Oktober 2018 ID 10976
XERXES (Oper Bonn, 14.10.2018)
Musikalische Leitung: Rubén Dubrovsky
Regie: Leonardo Muscato
Bühne: Andrea Belli
Kostüme: Katia Bottegal
Licht: Max Karbe
Besetzung:
Serse, König von Persien … Luciana Mancini
Arsamene … Kathrin Leidig
Amastre … Susanne Blattert
Ariodate … Leonard Bernad
Romilda … Louise Kemény
Atalante … Marie Heeschen
Elviro … Martin Tzonev
Beethoven Orchester Bonn
Premiere an der Oper Bonn: 7. Oktober 2018
Weitere Termine: 27.10. / 03., 25.11. / 02., 15., 30.12.2018 // 18., 26.01. / 24.02. / 13.03.2019
Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-bonn.de
Post an Ansgar Skoda
skoda-webservice.de
Premierenkritiken
Zum Vergleich:
Xerxes mit der Neuen Düsseldorfer Hofmusik (wieder ab Januar 2019!)
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