BAM – Berliner Festival für aktuelles Musiktheater 2019
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Musik vom
pseudoschwarzen
Block
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Songs of Rebellion im Ballhaus Ost | Foto (C) Marcus Lieberenz
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Bewertung:
Michael Höppner und Brigitta Muntendorf sannen ganz aktuell über das Wörtchen Rebellion nach, er als Inszenierer, sie als Komponistin. Übergreifend waren sie sich beispielsweise dahingehend einig, dass es "nur mehr eine nostalgische Erinnerung, deren Gegenwart als popkommerzielle Geste und projizierende Attitüde uns dazu verdammt, sie in hoffnungsloser Ratlosigkeit zu überhöhen" wäre und die pure "Auflehnung" geradezu "am Boden" läge oder so.
Und also schlüpften sie und noch fünf andere Mitstreiter, nämlich Evi Filippou (Percussion), Louis Bona (Bratsche), Malgorzata Walentynowicz (Synthesizer), Till Künkler (Posaune) und Carola Schaal (Klarinette), in angsteinflößend-hübsche Geisterbahnkostüme, die sich die Designerin Jule Saworski für sie ausdachte, und sahen ähnlich furchteinflößend-niedlich aus wie man diese besonders aggressiven Demonstranten aus den sog. Schwarzen Blöcken (s. Hamburger G20-Gipfel) in TV-Erinnerung behalten konnte; unser angeblich so rebellionsentwöhntes Musikerseptett schnitt im Vergleich zu denen freilich viel, viel besser ab, weil es halt viel, viel, viel, viel freundlicher zu uns kommunizierte - ganz getreu der allerliebsten Binsenweisheit: "Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder."
Doch was hatte es nunmehr mit den konkreten Songs of Rebellion zu tun, als welche uns die beiden Trupps Opera Lab Berlin & Ensemble Garage ihre zirka 70minütige Performance anzubieten willens waren?
Ehrlich gesprochen - nein, wir fanden es nicht eindeutig heraus.
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Am Anfang - und es gibt zudem nicht wenig kreative Videos oder Vodeoschnipsel aus der Videoküche Warped Types zu kosten - singt ein Teil der Gruppe einen urchristlichen, gregorianisch anmutenden Männerchor; auch ist die Gruppe in bzw. ohne dem Zusammenhang in einer ansehlichen Halbnacktpose zu besichtigen, und so was sieht man halt dann immer wieder gern...
Dann wird, nach einer etwas umständlichen Kunstpause, zu Rebellion an sich, als deren "Fachbegriff", Diverses theoretisiert. Auch gibt es eine hörenswerte Deklamierung des berühmten Prometheus-Gedichts vom guten, alten Goethe, und auch so, um den vom Knäuel schon mal ausgerollten Faden nicht so schnell fortzuverlieren, wird das Thema zeusig-adlerisch noch weiter ausgeschlachtet bis die allerletzte frische Leber gänzlich aufgebraucht ist usw. usf. Zum Schluss wird Schuberts Auftaktslied zu dessen Winterreise herbemüht, bei welchem statt des Wilhelm-Müller-Textes Arbeiter-und-Kampflied-Zeilen vorgesungen und paar Leute aus dem Publikum zum Gute-Nacht-Dahinliegen ermutigt werden.
Ja und Rock-Songs, die dann fast so klingen als ob sie bereits zu den rebellischsten von den rebellischen Song-Evergreens der früheren Rebellen (anno Schlammschlacht Woodstock) zählen würden, gibt die Gruppe zugenüge von sich preis.
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Im Raum war auch noch ein (die Erde darstellender?) großer Gummiball als einer noch viel größern Sichtverstellungskomponente mittenmang positioniert.
Soweit, so gut.
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Songs of Rebellion im Ballhaus Ost | Foto (C) Marcus Lieberenz
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Andre Sokolowski - 29. September 2019 ID 11706
SONGS OF REBELLION (Ballhaus Ost, 28.09.2019)
Komposition von Brigitta Muntendorf
Regie: Michael Höppner
Bühne, Kostüme und Maskenbau: Jule Saworski
Video: Warped Type (Andreas Huck und Roland Nebe)
Klangregie: Maximilian Estudias
Technische Produktionsleitung und Licht: Lukas Becker
Mit: Carola Schaal (Klarinette und Performance), Till Künkler (Posaune und Performance), Louis Bona (Bratsche und Performance), Malgorzata Walentynowicz (Synthesizer und Performance) Evi Filippou (Percussion und Performance), Brigitta Muntendorf (Performance) und Michael Höppner (Performance)
Uraufführung war am 27. September 2019.
Eine Koproduktion von Opera Lab Berlin und Ensemble Garage mit BAM! – Berliner Festival für aktuelles Musiktheater 2019, Ultima Oslo Contemporary Music Festival und Onassis Cultural Centre Athens; in Kooperation mit dem Ballhaus Ost
Weitere Infos siehe auch: https://bam-berlin.org/
http://www.andre-sokolowski.de
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