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Stimmen der

Vergangenheit

ARREST von und mit
Nicola Schubert


Arrest von und mit Nicola Schubert, im NS-Dokumentationszentrum Köln | Foto (C) Jana Bauch

Bewertung:    



Kopfhörer auf und los geht’s, in eine der beklemmensten Stätten Kölns. Das heutige NS-Dokumentationszentrum (NS-Dok) diente seit den 1930er Jahren als Gestapo-Gefängnis. Sollten die Gefangenen dort ursprünglich nur während der Verhöre untergebracht werden, wurden aus den Aufenthalten bald Wochen und Monate. Im Hof des Gebäudekomplexes fanden bis kurz vor Einmarsch der Amerikaner im März 1945 Hinrichtungen statt, gut einsehbar von den umgebenden Häusern.

Nicola Schubert begibt sich in ihrem doku-fiktionalen Hörstück Arrest auf die Spuren von vier Frauen im Nationalsozialismus: drei politische Gefangene und eine Gestapo-Mitarbeiterin, die zur weiblichen Kriminalpolizei aufsteigen möchte. Der Text, den die Zuschauer:innen hören, ist auf Basis realer Biografien von politisch verfolgten Frauen und Gestapo-Mitarbeiterinnen in Dortmund und Köln entstanden. Schubert zeigt das Stück neben dem NS-Dok in Köln auch in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache in Dortmund.

In Köln fängt der Abend vor dem NS-Dok an: Eine Schreibkraft der Gestapo wird von einem Passanten gegrüßt, dann geht es mit Nicola Schubert hinterher in den Keller des Gebäudes. Zu Beginn ist es etwas schwierig zu entscheiden, worauf man die Aufmerksamkeit richten soll: auf den Text im Ohr, die Performance von Schubert oder die Ausstellung im NS-Dok mit anrührenden Nachrichten, die die Gefangenen an den Wänden ihrer sehr klein dimensionierten Zellen hinterlassen haben. Schubert bewegt sich schnell durch die Gänge, bespielt dann eine der Zellen, macht aber nie zu viel, so dass die Konzentration schlussendlich eher dem gehörten Text gilt. Ihre Mine ist stets unbewegt und mit einer raschen Bewegung wird aus der Uniform der Schreibkraft die einfache Kleidung einer Gefangenen.

Überhaupt hält sich die Aufführung inszenatorisch angenehm im Hintergrund. Die Zuschauer:innen dürfen sich frei in den Räumen bewegen und dort stehen bleiben, wo sie möchten. In zwei Ecken sind Papierrollen vorbereitet, auf den Schubert Text schreibt, eine andere Art, den gesprochenen Text wahrzunehmen, indem die Zuschauer:innen ihn gewissermaßen noch einmal in Stichworten lesen können. Mehr passiert eigentlich nicht – zumindest nicht vor den Augen, dafür im Kopf.

Eindrücklich erfährt man in den Berichten über die beengte Situation der Inhaftierten, die fehlenden Möglichkeiten zur Hygiene, von brutalen Verhörmethoden, aber auch von Denunziantentum, Karrierestreben und Empathielosigkeit auf Seiten der Bewacher:innen. Was nicht heißen soll, dass es unter den Häftlingen immer solidarisch zuging. Die letzte Station führt alle auf den Hof des Gebäudes, der verspiegelt ist. Die Botschaft ist einfach, aber effektiv: Niemand kann seiner Verantwortung entgehen bzw. der Frage, wie er oder sie sich selbst verhalten hätte.

Am Ende schließt sich der Kreis: Zurück auf der Straße begegnet die ehemalige Schreibkraft, die zur weiblichen Kriminalpolizei aufgestiegen ist, einem Passanten, man grüßt sich freundlich, als ob nichts gewesen wäre. Sie hat mittlerweile eine Familie gegründet. Für die Täter war bei massiver Verdrängung ein Weiterleben möglich, die Strafen gering für die sogenannten Mitläufer. Für die Inhaftierten dagegen war die Qual oftmals mit der Befreiung nicht zu Ende.



Arrest von und mit Nicola Schubert, im NS-Dokumentationszentrum Köln | Foto (C) Jana Bauch

Karoline Bendig - 22. September 2024
ID 14930
ARREST (NS-Dokumentationszentrum Köln, 18.09.2024)
Audiowalk mit Performance

Konzept/Text/Regie/Performance: Nicola Schubert
Tonbearbeitung: timecode audio
Sprachaufnahmen: Felix Breuel
Ausstattung: Clara Kulemeyer
Komposition/Soundscapes: Chiara Strickland
Sprecher:innen: Meelah Adams, Olja Artes, Felix Breuel, Marc Fischer, Markus Friedmann, Justine Hauer, Lisa Sophie Kusz, Fiona Metscher, Robert Oschatz, Olga Prokot, Simon Rußig und Nicola Schubert
Premiere war am 18. September 2024.
Weitere Termine: 21.09./ 05., 06.10. (in Dortmund) sowie 17., 18.10.2024 (in Köln)


Weitere Infos siehe auch: https://museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum/


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