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Performance

Faszinierend

laut



One Song von Miet Warlop | Foto (Detail) (C) Michiel Devijver | Bildquelle: tqw.at

Bewertung:    



Die aus der bildenden Kunst stammende Belgierin Miet Warlop gestaltete ein zum Gedenken an ihren Bruder geschriebenes Stück als faszinierende Performance. Bei dem Tanztheaterobjekt ging es auch um sportliche und musikalische Darbietungen. Es war Teil der Reihe "Histoire(s) du théâtre" , welche vom Schweizer Milo Rau, dem Direktor von NTGent, ins Leben gerufen wurde. Die Bühne sah aus wie eine Turnhalle, in der sich vier Sportler und eine Sportlerin in kurzen Hosen und Trägertrikots aufwärmten. Hinten eine Tribüne mit einer Gruppe unterstützender Fans. Rechts daneben eine Sportkommentatorin in orangefarbenen Satinoverall, und natürlich die männliche Cheerleaderin im cremefarbenen Minikleid.

Und los gings’s zu einem lustigen Sportkonzert:

Die Geigerin spielte, während sie auf einem Schwebebalken balancierte. Der Kontrabassist lag auf einer Matratze und musste in unzähligen Sit-ups seine Bauchmuskeln einsetzen, um seine Saiten zum Klingen zu bringen. Der Keyboarder war gezwungen in die Luft zu springen, um seine Tasten zu erreichen und den leisesten Ton zu spielen. Der Schlagzeuger lief von rechts nach links, um seine Instrumente anzuschlagen. Der Sänger lief während der gesamten Aufführung auf einem Laufband und wiederholte in einer Schleife eine Klage, die mit folgenden Worten begann: "Knock knock/ Who’s there?/ It’s your grief from the past/ Not possible/ For all time sake/ Cause/ Grief is like a rock/ In your head/ It’s hard, it’s rough/ It’s just always there/ It’s salty/ I can taste it on the drop/ Rolling down my nose/ Grief is like a rock.“ Die Kommentatorin kommentierte schreiend in ein Megafon, ohne dass wir ein einziges Wort von dem verstanden, was sie sagte...

So zirka eine Stunde ging das, in der wir nie aufhörten zu lachen und zugleich bewegt zu sein, ohne zu wissen warum. Eine Stunde, in der wir von einer Art Trance erfasst wurden.

*

Als Milo Rau die Ausführenden [alle Namen s.u.] bat, bei "Histoire(s) du théâtre" mitzuwirken, wollte Miet Warlop erst eines ihrer ersten Stücke, und zwar Sportband/Afgetrainde Klanke, aus dem Jahr 2005 aufführen. Aber sie hatte gerade ihren Bruder verloren, plante um und schuf eine Art Requiem. Es war ihr Versuch mit dem Kummer umzugehen, ihn zu erschöpfen. Das Stück thematisierte Leben und Tod, Schönheit und Absurdität und den nackten Lebensimpuls. Alles wiederholte sich und kam wieder.



One Song von Miet Warlop | Foto (C) Michiel Devijver | Bildquelle: tqw.at


One Song ist ein einzigartiges Stück über winzige und unendliche Variationen unseres Lebens, des Aufstehens, Wachsens und Fallens.

* *

Die Tänzer, Musiker, Sänger und Schauspieler folgten der krassen Choreografie. Durch die sportlichen Anstrengungen wurden Erschöpfungen sichtbar und erlebbar. Es wurde authentisch transportiert, was Miet Warlop ausdrücken wollte. Und man staunte die ganze Zeit, wie es möglich war, neben anstrengenden sportlichen Aktivitäten noch Theater zu spielen und Musik aufzuführen.

Steffen Kühn - 12. November 2023
ID 14469
One Song (TQW Halle G, 11.11.2023)
Histoire(s) du Théâtre IV

Konzept, Leitung, Regie, Text: Miet Warlop
Textberatung: Jeroen Olyslaegers
Musik: Maarten Van Cauwenberghe
Sounddesign: Bart van Hoydonck
Kostüme: Carol Piron & Filles à Papa
Lichtdesign: Dennis Diels
Dramaturgie: Giacomo Bisordi
Mit: Simon Beeckaert, Elisabeth Klinck, Willem Lenaerts, Milan Schudel, Melvin Slabbinck, Joppe Tanghe, Karin Tanghe, Wietse Tanghe Und Imran Alam, Stanislas Bruynseels, Judith Engelen und Flora Van Canneyt
Eine Produktion von Miet Warlop / Irene Wool & NTGent


Weitere Infos siehe auch: https://tqw.at


Post an Steffen Kühn

http://www.hofklang.de

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