Schräge
Shakespeare-
Installation
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Antonius und Kleopatra am Schauspiel Leipzig | Foto (C) Rolf Arnold
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Bewertung:
Was könnte einen knalligeren Abschied geben, als eine Shakespeare-Inszenierung zum guten Ende. Claudia Bauer verabschiedet sich vom Schauspiel Leipzig mit dem Stück Antonius und Kleopatra, aber nicht im Cinemascope-Stil, sondern im kleinen Format an der Nebenspielstätte Diskothek. Patrick Isermeyer und Teresa Schergaut spielen das große Liebespaar der Weltgeschichte. Eine Liebesschmonzette war trotzdem nicht zu erwarten, auch wenn das Traum-Filmpaar Richard Burton und Liz Taylor als Foto an der Wand eines kleinen Antiken-Bungalows aus Holzlatten hängt. Ein reines Kammerspiel der beiden neben der Souffleuse Ditte Trischan einzigen DarstellerInnen des Abends ist es aber auch nicht. Eine Shakespeare-Installation im Kolonialstil heißt das Projekt der beiden mit Regisseurin Claudia Bauer im Untertitel. Bühne und Kostüme kommen wie immer von Andreas Auerbach. Da ist von Bademantel und -latschen bis zum Antikenfummel alles dabei. Live gefilmt wird auch und die Bilder aus dem Inneren auf die Vorhänge des Bungalows projiziert.
Shakespeare hat nach Julius Ceasar auch dessen Nachfolger, das sogenannte Triumvirat aus Markus Antonius, Caesars Adoptivsohn Octavian und dem Heerführer Marcus Lepidus in einer Tragödie verewigt. Da werden viele Allianzen geschmiedet und Schlachten geschlagen. Da wird Verrat geübt und theatralisch gestorben. Intimität und Imperium, Leidenschaft, Liebeswahn, Hedonismus und Machtgier sind die Trigger-Worte der Dramaturgie. Mit dem Thema Kolonialismus will man an heutige Diskurse anschließen. Um es vorwegzunehmen, das klappt nur bedingt. Natürlich ist das Römische Reich einer der ersten Kolonialstaaten Europas, der sich von Britannien über Kleinasien bis nach Nordafrika erstreckte. Das kann man hier im Wohnzimmer des Paars auch auf einer Landkarte an der Wand sehen. Ansonsten werden die kolonialen Eroberungsfeldzüge nur nebenbei mal mit erwähnt. Als Kontrahent Octavian trägt Teresa Schergaut später einen Tropenhelm mit römischem Federbusch.
Doch zunächst treffen sich Teresa Schergaut und Patrick Isermeyer im Bademantel und ziehen die Grenzen des Spiels, geben sich Verhaltensregel, wollen ihre Macht nicht missbrauchen. Es geht um Religionszugehörigkeit, kulturelle Aneignung wie um das Spiel von Sexszenen. Sogar von einem Intimacy Coach und einem Test auf Geschlechtskrankheiten ist die Rede. Danach tasten sich beide wie bei einem intimen Ritual ab. Danach geht es erst richtig zur Sache. Die Orte der Handlung sind in Ägypten, Italien, Sizilien, Syrien und Griechenland. Dazu dreht sich der Bungalow und gibt weitere Zimmer frei. Die Seeschlacht bei Actium findet hier in der Badewanne statt mit kleinen Papierschiffchen und viel Theaterblut aus der Tube. Öfter klingelt auch das Telefon, das hier die Botenberichte ersetzt. Vom hohen Tragödenton („Mir träumt', es lebt' ein Feldherr Marc Anton...“) wechseln beide auch zur modernen Sprache. Zu I put a spell on you kommt man sich näher. Wer hier wen in seinen Bann zieht, bleibt dabei relativ offen. Sicher beruht das auf Gegenseitigkeit. Macht als erotisierende Komponente wird hier ebenso karikiert, wie der bewusste Einsatz des Körpers.
Die Inszenierung spiegelt da auch das Spiel um Macht und Gender. Kleopatra ist hier stark und möchte Macht als Frau. Reflektiert aber auch die bewusste Ausstellung des weiblichen Körpers. Antonius bekommt, als er aus taktischen Gründen Octavians Schwester heiratet, eine blonde Torsopuppe. Beide SchauspielerInnen steigern sich hier emotional wie körperlich in ihre Rollen. Sie küssen und sie schlagen sich. Die Livekamera zeigt immer wieder Großaufnahmen der beiden. Der Shakespeare-Plot wird an dem nur ca. 100 Minuten langen Abend auch noch halbwegs verständlich rübergebracht. Eine Kraftanstrengung, die in ihrer ganzen Schrägheit recht gut unterhält und am Ende nach dem Tod von Antonius noch einen Genderswitch bereithält. Isermeyer spielt nun die ägyptische Königin, die dem nüchternen Triumphator Octavius nicht als Trophäe dienen will. Da gibt es nochmal pathetisch hohen Ton, den der Abend sonst meist unterläuft. Und das Team geht am Ende ganz locker und hemdsärmelig wie bei einer guten Probe aus der Aufführung raus.
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Antonius und Kleopatra am Schauspiel Leipzig | Foto (C) Rolf Arnold
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Stefan Bock - 17. April 2023 ID 14150
ANTONIUS UND KLEOPATRA (Diskothek, 15.04.2023)
Regie: Claudia Bauer
Bühne und Kostüme: Andreas Auerbach
Musik: Alexander Dorn
Dramaturgie: Matthias Döpke
Dramaturgische Mitarbeit: Shalyn Hempowicz
Licht: Veit-Rüdiger Griess
Video: Kai Schadeberg
Live-Kamera: Fabian Polinski
Ton: Leon Grund, Ralf Ludwig
Soufflage: Ditte Trischan
Maske: Norbert Ballhaus
Mit: Teresa Schergaut und Patrick Isermeyer
Premiere am Schauspiel Leipzig: 15. April 2023
Weiterer Termin: 23.04.2023
Weitere Infos siehe auch: https://www.schauspiel-leipzig.de
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